Päpstliche Finanzreformen stocken

Papst Franziskus
Papst Franziskus imago (ZUMA Press)
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Franziskus habe Pläne für eine Modernisierung des vatikanischen Wirtschaftssystems initiiert, die Umsetzung verlaufe aber zäh. Die meisten Kardinäle genießen ein Leben im Luxus.

Zweieinhalb Jahre nach Pontifikatsbeginn sind die Reformen des Papstes zu mehr Transparenz im vatikanischen Finanzwesen auf halber Strecke liegen geblieben. Zwar hat Franziskus entscheidende Pläne für eine Modernisierung des Wirtschaftssystems initiiert, ihre Konkretisierung gestaltet sich jedoch wegen des zähen Widerstands konservativer Seilschaften durchaus kompliziert.

Schon seit dem Anfang seines Pontifikats im März 2013 ist der Papst "vom anderen Ende der Welt" konsequent den Weg der Transparenz gegangen. Mit all seinen Kräften war er bemüht, sich und der Öffentlichkeit einen Durchblick durch das verworrene System der internen Finanzverwaltung zu verschaffen. Er strukturierte die in Misskredit geratene Vatikanbank IOR um, die seit 2013 erstmals eine Bilanz veröffentlicht. Sämtliche Konten wurden durchleuchtet, dubiose Kunden vor die Tür gesetzt. Der Papst drängte auf Umwandlung der skandalumwitterten IOR zu einem reinen Finanzberater und Zahlungsdienstleister für katholische Orden. Die Wertpapierportfolios wurden auf eine zentrale Vermögensverwaltung übertragen, die "Vatican Asset Management", kurz "VAM".

Konservative Barrikaden

Die Ablösung des Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Bertone - der in dieser Funktion auch die Oberaufsicht über das IOR innehatte - war ein harter Schlag gegen die konservativen Machtlobbys, die im Schatten des Petersdoms agieren. Franziskus' Aktivismus drängte sie auf die Barrikaden. Die Güterverwaltung APSA, in der unter anderem die Immobilien gebündelt sind, hätte zu einer Art Schatzamt umformiert werden und den Heiligen Stuhl mit Liquidität versorgen sollen, doch diese Reform ist de facto wegen zäher Widerstände in der Kurie nie umgesetzt worden.

Während die Vatikanbank IOR inzwischen schon ihren dritten, hochdetaillierten Jahresbericht veröffentlicht, ist die APSA bis heute ein Hort einzigartiger Geheimniskrämerei. Das hat unter anderem damit zu tun, dass dort der immense Gebäudebesitz der Kirche verwaltet wird, der laut dem italienischen Investigativjournalisten Emiliano Fittipaldi über vier Milliarden Euro wert ist. Während der Papst in einer 50 Quadratmeter kleinen Wohnung lebt, wohnen die meisten Kardinäle in bis zu 700 Quadratmeter großen Luxussuiten. Auch viele Verwandte und Bekannte von Kirchenmännern wohnen zu Spottpreisen in Immobilien des Vatikan. Fälle wie jenen des angezeigten früheren IOR-Präsidenten Angelo Caloia, der kirchliche Gebäude unter dem Wert an Scheinfirmen verkauft haben soll, um beim Weiterverkauf zu Marktpreisen den Gewinn privat einzustreichen, soll es mangels Kontrollen in der APSA mehrfach gegeben haben.

Kostenexplosion im Kirchenstaat

Die 2013 vom Papst gegründete Kommission für die Neustrukturierung der wirtschaftlichen und administrativen Angelegenheiten" (Cosea) wurde mittlerweile wieder aufgelöst. Zu deren Mitgliedern zählten der ehrgeizige spanische Prälat Lucio Angel Vallejo Blanda und die schrille PR-Beraterin Francesca Chaouqui, die am vergangenen Wochenende wegen des Verdachts der Veruntreuung heikler Dokumente über die Wirtschaftslage im Vatikan festgenommen wurden. Während sich Vallejo Blanda weiterhin in einer Zelle der vatikanischen Gendarmerie in Schweigen hüllt, schiebt die angeblich schwangere und daher enthaftete Chaouqui dem Monsignore alle Verantwortung in die Schuhe. Beide werden beschuldigt, Fittipaldi und seinem Kollegen Gianluigi Nuzzi brisante Dokumente über Missstände im Vatikan zugespielt zu haben.

In einem abgehörten Telefonat, das in Nuzzis Buch veröffentlicht wurde, soll sich Papst Franziskus beim Chef des Wirtschaftssekretariats, Kardinal George Pell, über die ausufernde Kostenexplosion im Kirchenstaat beklagt haben: "Wenn wir nicht in der Lage sind, das Geld zu kontrollieren, wie sollen wir dann über die Seelen der Gläubigen wachen, die man nicht sieht", wird Franziskus zitiert. "Die Kosten sind außer Kontrolle", klagte der Papst. Nuzzi berichtet in seinem Buch "Via Crucis" ausführlich über die Widerstände, mit denen der Papst bei seinen Versuchen konfrontiert sei, finanzielle Ungereimtheiten in seinem Kleinstaat aufzudecken.

Business Class und Designermöbel

"Wirtschaftsminister" Pell dürfte dabei alles andere als ein idealer Verbündeter im Kampf gegen die Verschwendungssucht sein. Pells Büro soll in sechs Monaten über eine halbe Million Euro ausgegeben haben, unter anderem für teure Flüge auch nur für kurze Strecken in der Business Class, für Mieten der Mitarbeiter des Dikasteriums, elegante Möbel und Restaurierungsarbeiten.

Ob der Papst den neuen Vatileaks-Skandal nutzen wird, um gegen seinen Reformwillen intrigierende Kurienmitglieder abzusetzen und Vertrauensmänner in Schlüsselpositionen zu hieven, ist noch offen. Fest steht aber, dass sich der Eklat um die grassierende Korruption und die veruntreuten Spendengelder äußerst negativ auf die Bilanzen des Vatikan auswirken wird. Nunzio Galantino, der von Franziskus eingesetzte Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz, gab unlängst bekannt, dass die steuerbegünstigten Spenden der Italiener an seine Kirche im letzten Jahr wieder einmal um fünf Prozent zurückgegangen seien.

Immer weniger Italiener hätten die acht Promille ihrer Einkommenssteuer, deren Empfänger - Staat oder diverse Religionsgemeinschaften - sie frei bestimmen können, der katholischen Kirche überlassen. Dadurch entstand ein Minus von 60 Millionen Euro bei den Einnahmen. "Das System ist gescheitert", klagte Galantino. Schuld an dieser Misere sei die Kirche selbst mit ihrem Mangel an "Transparenz, Strenge und Respekt gegenüber den Gläubigen" bei der Verwaltung der gespendeten Gelder, so Galantino.

(APA)

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