Kirche: Reform für die Ombudsstellen

Kirche Reform fuer Ombudsstellen
Kirche Reform fuer Ombudsstellen(c) AP (Thomas Kienzle)
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Die Ombudsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs werden generalreformiert. Priester sind künftig von deren Leitung ausgeschlossen. In einer Woche beschließt die Bischofskonferenz ein Maßnahmenpaket.

WIEN. Die Ombudsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche werden generalreformiert. Dies steht nach Vorliegen des mehrseitigen Papiers jener Expertenkommission fest, die die Bischöfe einberufen haben. Einer der wesentlichen Punkte: Die Ombudsstellen dürfen – anders als das bisher teilweise Praxis war – nicht mehr von einem Priester geleitet werden.

Heute, Montag, in einer Woche treffen aus allen Richtungen die Bischöfe Österreichs in einem der großen Wallfahrtsorte Europas, in Mariazell, zu ihrer dreitägigen Sommertagung ein. Mit im Gepäck haben sie ein umfangreiches Maßnahmenbündel, mit dem der Kampf gegen sexuelle Gewalt, begangen durch Priester oder Laienmitarbeiter der katholischen Kirche, verstärkt werden soll. Geleitet wurde die Expertengruppe von Generalvikar Franz Schuster aus der Erzdiözese Wien. Deren Ombudsstelle steht Pate für das künftig in allen andern Diözesen allgemein gültige Modell.

Die wesentlichsten Punkte des intern als vertraulich gehandelten Papiers, das die Bischöfe derzeit studieren, um allenfalls noch letzte Korrekturen vornehmen zu können:


Leitung: Das Expertenpapier verlangt eine Einschränkung auf einige wenige Berufsgruppen. Nur noch Psychologen, Psychiater, Psychotherapeuten oder Pädagogen dürfen eine Ombudsstelle leiten. Der Chef darf darüber hinaus in keinem dienstrechtlichen Verhältnis zur katholischen Kirche stehen. Daher sind alle Priester und auch angestellten Laienmitarbeiter von dieser Funktion automatisch ausgeschlossen.

Anzeige: Eine öffentlich vielfach verlangte generelle Anzeigepflicht bei Verdacht von sexuellem Missbrauch wird es nicht geben. Ausnahme: Es besteht akute Wiederholungsgefahr. So soll den Opfern die Scheu genommen werden, sich an eine Ombudsstelle zu wenden. Denn Experten berichten, dass manche nicht bereit seien, ihren Fall vor der Polizei zu erzählen. Einigen gehe es auch weniger um Bestrafung der Täter durch die Justiz als vielmehr darum, einmal angehört, ernst genommen zu werden und eventuell von der katholischen Kirche eine Therapie bezahlt zu bekommen (die sich die Kosten von ihrem Dienstnehmer dann üblicherweise zurückholt). Dem Opfer soll aber eindringlich geraten werden, eine Anzeige zu erstatten.

Orden: Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Ordensgemeinschaften hat sich bei den Beratungen unter den ungefähr zwölf Experten als einer der heikelsten Punkte erwiesen. Das Kirchenrecht gewährt den Orden weitgehende Autonomie. Dennoch haben sie sich zur Zusammenarbeit mit den weltkirchlichen Ombudsstellen verpflichtet.

Konsequenzen: Grundsätzlich soll künftig jeder Verdacht eines sexuellen Missbrauchs, verübt durch einen Mitarbeiter der katholischen Kirche (vom Priester über den Ordensmann, Pastoralassistenten bis zum unbezahlten Jugendgruppenführer), dem Bischof beziehungsweise der Ordenszentrale in Rom berichtet werden.

Bei akuter Gefahr oder begründetem Verdacht soll der Täter sofort vom Dienst freigestellt werden. Bei einer Verurteilung eines Priesters durch ein Gericht soll in jedem Fall nach Rom ein Antrag auf Zurückversetzung in den Laienstand gesendet werden. Orden wollen je nach Schwere des Vorwurfes handeln. Täter können beispielsweise dazu verpflichtet werden, nur noch hinter den Klostermauern tätig zu sein. Ein gänzlicher Ausschluss aus der Ordensgemeinschaft ist auch wegen deren Selbstverständnis nur in besonders gravierenden Fällen möglich.

Klasnic-Kommission: Die Zusammenarbeit mit den Ombudsstellen in den Bundesländern ist derzeit noch weitgehend offen. Als eine Möglichkeit wird überlegt, die Kommission, der die steirische Ex-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic vorsitzt, als eine Art zweite Instanz bei Zweifelsfällen einzusetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2010)

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