Alkoholproblem: Geheimdossier belastet Ex-Bischof Mixa

Ex-Bischof WALTER MIXA
Ex-Bischof WALTER MIXA(c) EPA (Karl-josef Hildenbrand)
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Der Vatikan schweigt zu den geheimen Unterlagen. Der frühere Augsburger Bischof soll das Bistum verlassen, wünscht sich der Diözesanrat.

Der nach Prügel- und Veruntreuungsvorwürfen zurückgetretene Augsburger Bischof Walter Mixa soll nach Auffassung des Diözesanrats das Bistum verlassen. "Das ist der einzig vernünftige Weg, wieder Ruhe in die Diözese zu bringen", sagte der Vorsitzende des Rates, Helmut Mangold. Mixa wird Zeitungsberichten zufolge durch geheime Unterlagen zusätzlich belastet. In dem Dossier fänden sich Aussagen von engen Mitarbeitern über Alkoholprobleme und Annäherungen an junge Männer, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Montag. Die Vorwürfe waren demnach offenbar der Grund dafür, dass Papst Benedikt XVI. Anfang Mai Mixas Rücktrittsgesuch annahm.

Der Vatikan schweigt zum angeblichen "Geheimdossier Mixa". "Der Papst hat natürlich seine Entscheidung zum Rücktritt Walter Mixas auf der Basis von Informationen getroffen. Woher er diese bekommen hat, ist jedoch zweitrangig", erklärte Vatikan-Sprecher Fedrico Lombardi am Montag. Auch die Deutsche Bischofskonferenz und das Bistum Augsburg wollten sich am Montag auf Anfrage zu den neuen Vorwürfen nicht äußern. Nach Angaben aus Kirchenkreisen drängt die Spitze des Bistums gegenwärtig Mixa, das Bischofshaus möglichst schnell zu verlassen. Mixa war vor kurzem nach einem Schweizer Klinikaufenthalt überraschend ins Augsburger Bischofspalais zurückgekehrt.

Der Anwalt Mixas, Gerhard Decker, äußerte Zweifel an den Berichten über das belastende Dossier. Die konservative Internetseite kath.net zitierte eine Stellungnahme Deckers, in der dieser die Quellen und Berichte als "nebulös" kritisiert. Sein Mandant könne und wolle sich nicht zum "angeblichen Inhalt ihm nicht bekannter 'Dossiers' und 'Geheimakten' äußern", heißt es. Er halte es für unwahrscheinlich, dass Teile der Presse Zugang zum Archiv des Vatikans oder des päpstlichen Nuntius hätten. Decker zog Parallelen zu inzwischen eingestellten Ermittlungen gegen Mixa wegen sexuellen Missbrauchs: "Einer beruft sich auf den anderen, und am Schluss war alles ein Missverständnis." Sein Mandant werde Stellung nehmen, wenn es harte Fakten gebe.

"Spiegeltrinker" und "Wirklichkeitsverlust"

Den Medienberichten zufolge sollen engste Mitarbeiter Mixas Alltag als den eines schwer alkoholkranken Mannes geschildert haben. Gute Ratschläge Wohlmeinender seien jahrelang an ihm abgeprallt. Ein Zeuge vermutet demnach, der Bischof sei ein "Spiegeltrinker" - also jemand, der einen bestimmten Alkoholpegel braucht. Immer wieder werde zudem vom "Wirklichkeitsverlust" des Bischofs berichtet. Zudem hätten zwei Priester aus den Bistümern Augsburg und Eichstätt unabhängig voneinander von sexuellen Übergriffen Mitte der 90er Jahre berichtet, als sie sich in einem Zustand emotionaler Abhängigkeit befunden hätten.

Die mehrere Dutzend Seiten umfassenden Unterlagen, die am 27. April offiziell an den Nuntius in Berlin gegangen seien, geben demnach einen Dialog Mixas mit einem jungen Mann während eines gemeinsamen Urlaubs wieder. Der Bischof habe zu diesem gesagt: "Bleib' hier, ich brauche deine Liebe." Der junge Mann habe entgegnet: "Ich bin doch nicht schwul." Daraufhin habe Mixa geantwortet: "Ich doch auch nicht" - und der junge Mann entgegnet: "Und was war gestern Abend?" Daraufhin habe der Bischof geantwortet, dies sei im Überschwang der Gefühle geschehen. Er habe es gebeichtet. Die Zeugenaussage stammt laut "Süddeutscher Zeitung " nicht von dem jungen Mann selbst, sondern von Augenzeugen. Außerdem soll Mixa laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Stiftungsgelder für Waisenkinder an eine in Rom lebende Person gesandt haben, die in einem Milieu verkehrte, mit dem man ihn nicht in Verbindung bringen sollte.

Prügel- und Missbrauchsvorwürfe

Mixa (69) hatte schon am 22. April seinen Rücktritt angeboten. Dem waren massive Prügelvorwürfe gegen Mixa aus seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen vorausgegangen. Später stand auch der Verdacht des sexuellen Missbrauchs im Raum, der sich aber nicht erhärtete: Das vermeintliche Opfer erklärte, es habe keine Übergriffe seitens des Bischofs gegeben. Die Prügelvorwürfe wurden dagegen von einem dazu eingesetzten Sonderermittler für glaubhaft befunden, sie sind strafrechtlich aber verjährt.

In einem für den Vatikan ungewöhnlich schnellen Verfahren hatte Papst Benedikt XVI. das Rücktrittsgesuch am 8. Mai angenommen. Die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft Ingolstadt wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch sollen für den Papst nur eine untergeordnete Rolle für die Annahme des Rücktrittsgesuchs gespielt haben.

Mixa beklagt mangelnde Kollegialität

Vergangene Woche hatte Mixa den Vorwurf erhoben, über eine Intrige zum Rücktritt gezwungen worden zu sein. Dabei erhob er massive Vorwürfe gegen den Münchner Erzbischof Reinhard Marx und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. Dies wurde zurückgewiesen. Die bayerische Bischofskonferenz teilte mit, man sehe nicht zuletzt zum Schutz Mixas "davon ab, Einzelheiten öffentlich auszubreiten. Wir wünschen ihm gute Genesung. Sein Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik war ein erster Schritt". Der frühere Redaktionsleiter von Radio Vatikan, Pater Eberhard von Gemmingen, bezeichnete Mixa als "kranken Mann", der in zwei verschiedenen Welten lebe.

Mixa erwägt, am päpstlichen Gerichtshof in Rom ein Verfahren anzustrengen; in einem Brief an den Vatikan drei Tage nach seinem Rücktritt hatte er seinen Rücktrittsangebot wieder zurückgezogen. Der Vatikan hat klargemacht, dass eine Rückkehr auf den Augsburger Bischofsstuhl nicht infrage kommt. Mixa will im Juli mit dem Papst sprechen. Er ließ in einem Interview mit der "Welt" wissen, dass er eine neue seelsorgerliche Aufgabe anstrebt.

(Ag.)

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