Vorwürfe: Mixa wird zur Belastungsprobe

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Großer Schaden für die katholische Kirche: Über den deutschen Ex-Bischof ist ein Geheimdossier über Alkoholmissbrauch und sexuelle Übergriffe aufgetaucht. Walter Mixa soll Augsburg möglichst schnell verlassen.

Berlin/Augsburg. Das Bistum Augsburg kommt nicht zur Ruhe: Nach den neuen Vorwürfen gegen den am 21. April zurückgetretenen Bischof Walter Mixa (69) – in einem nun aufgetauchten Dossier ist von massivem Alkoholmissbrauch und sexuellen Übergriffen auf jüngere Priester die Rede – drängt der Diözesanrat den Ex-Bischof, das Bistum möglichst schnell zu verlassen und sich außerhalb der Diözese einen Wohnsitz zu suchen.

Dies sei der einzig vernünftige Weg, wieder Ruhe in die Diözese zu bringen, erklärte der Vorsitzende des Rats, Helmut Mangold, am Montag. Mixa war nach einem Klinikaufenthalt in der Schweiz vergangene Woche überraschend ins Bischofspalais zurückgekehrt.

Der Vatikan wollte die neuen Enthüllungen nicht kommentieren. Der Papst habe natürlich seine Entscheidung zum Rücktritt Walter Mixas auf der Basis von Informationen getroffen, so Vatikansprecher Fedrico Lombardi, „woher er diese bekommen hat, ist jedoch zweitrangig“. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ und die „Süddeutsche Zeitung“ hatten zuvor von einem rund drei Dutzend Seiten langen geheimen Dossier berichtet, das der päpstliche Nuntius in Berlin, Jean-Claude Perisset, am 27. April dem Vatikan übergeben habe. Es soll die Entscheidung von Papst Benedikt XVI. über Mixas Rücktrittsgesuch maßgeblich beeinflusst haben.

Zeugen aus engem Umfeld

In der Akte erheben Zeugen aus dem engsten persönlichen Umfeld des damaligen Bischofs schwere Vorwürfe. Mixa wird als „Spiegeltrinker“ beschrieben, der seinen Alkoholpegel über den Tag hinweg halten müsse. Andere Zeugen schildern homosexuelle Übergriffe aus der Zeit Mixas als Stadtpfarrer Mitte der 1990er-Jahre. Außerdem soll der Bischof Stiftungsgelder an eine in Rom lebende Person gesandt haben, die in einem Milieu verkehrt hat, mit dem man ihn nicht in Verbindung bringen sollte. Gute Ratschläge seien jahrelang an Mixa abgeprallt, er habe an „Wirklichkeitsverlust“ gelitten.

„Die eine oder andere Watschn“

Die nicht enden wollende öffentliche Auseinandersetzung über den Ex-Bischof fügt der vom Missbrauchsskandal gebeutelten katholischen Kirche Deutschlands schweren Schaden zu. Schon im Februar hat Mixa für seine provokante These, die sexuelle Revolution der 68er sei am Missbrauchsskandal „sicher nicht unschuldig“, heftige Kritik geerntet.

Wenig später wurden Vorwürfe laut, Mixa habe als Stadtpfarrer in Schrobenhausen Heimkinder geschlagen und Stiftungsgelder für Waisenhauskinder veruntreut. Erst nach längerem Leugnen gab Mixa zu, dass er „die eine oder andere Watschn nicht ausschließen“ könne, und entschuldigte sich.

Der Druck auf den Bischof wurde immer stärker, bis er am 21. April seinen Rücktritt anbot, der am 8. Mai vom Vatikan offiziell angenommen wurde. Einen Tag zuvor waren gegen Mixa Vorermittlungen wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch eingeleitet worden, die inzwischen aber wieder eingestellt wurden.

Zuletzt sorgte Mixas Rückkehr nach Augsburg für Unmut. Er habe als emeritierter Bischof kein Hausrecht mehr, so ein Bistumsvertreter, der von einem „Akt der Anmaßung“ sprach. Mixa löste außerdem durch ein Interview Kopfschütteln aus, in dem er behauptete, aus dem Amt „gemobbt“ worden zu sein, und ankündigte, seinen erzwungenen Rücktritt anfechten zu wollen.

Der Vatikan hat bereits klargemacht, dass für Mixa eine Rückkehr auf den Augsburger Bischofsstuhl nicht infrage kommt. Im Juli wird der 69-Jährige aber eine Audienz beim Papst erhalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2010)

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