Die Macht der Kirchenleitung müsse begrenzt werden: Würdenträger sollen für begrenzte Zeit gewählt werden, fordert die Plattform. Lob gibt es für die Maßnahmen der Bischöfe gegen Missbrauch.
Die Plattform "Wir sind Kirche" hat die von der Bischofskonferenz beschlossenen Maßnahmen gegen Missbrauch und Gewalt in der Kirche als "weiteren wichtigen Schritt in die richtige Richtung" bezeichnet. Ausreichend sei dies aber noch nicht, erklärte Plattform-Vorsitzender Peter Hurka am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Wien. Vielmehr brauche es eine grundlegende Reform der Kirche. Hurka präsentierte dazu das von der Plattform entworfene Konzept für eine "neue Kirchenverfassung".
Der von der Bischofskonferenz am Mittwoch vorgelegte Maßnahmenkatalog sei nur eine "Brandschutzordnung", meinte Hurka. "Aber wenn die Brandschutzordnung angewendet wird, dann brennt es schon." Daher müsse man früher ansetzen - "und das wird nicht gehen ohne eine Machtbegrenzung, ohne einer Aufhebung des Pflichtzölibats".
Gewählte Kirchenführer mit begrenzter Amtszeit
Die "Initiative für eine neue Kirchenverfassung" wurde von der Plattform auf der Kirchenvolks-Konferenz vergangenes Wochenende im Vorarlberger Ort Batschuns erarbeitet und nun vorgestellt. Eine solche Verfassung müsse sich an den Menschenrechten orientieren, so Hurka. Als "Eckpunkte" nannte er die Prinzipien der Gewaltenteilung, der Subsidiarität, der Repräsentanz, der Mitwirkung sowie das Prinzip der befristeten Amtszeiten, der Rechenschaftspflicht und das Prinzip der Schriftlichkeit.
In der Verfassung soll unter anderem die Bestimmung enthalten sein, dass "Leiter und Leiterinnen auf allen Ebenen kirchlicher Verantwortung (...) durch Wahlen zu ihren Ämtern bestellt" werden. Die Amtszeit soll begrenzt, die Wiederwahl nur einmal möglich sein.
Auch die Schaffung von "fairen Verfahren" müsse gewährleistet sein. Die stellvertretende Plattform-Vorsitzende Martha Heizer erklärte, während Priestern, die bei einem ökumenischen Gottesdienst an alle Anwesenden die Kommunion verteilen, die Ausübung ihres Amtes verboten wird, würden Kinderschänder lediglich ein neues Aufgabengebiet bekommen. Erstere könnten gegen die Entscheidung der Kirche nirgendwo Einspruch erheben. "Wo bleibt der Rechtsschutz für Nicht-Kinderschänder?", fragte Heizer.
Macht der Kirchenleitung begrenzen
Hurka meinte, die Situation für die Forderung nach einer neuen Verfassung sei derzeit günstig. Die jüngsten Skandale um die Missbrauchsfälle seien vertuscht worden, dies rufe danach, die Macht der Kirchenleitung zu begrenzen. An eine Umsetzung ihrer Vorschläge durch die Kirchenführung glaubt Hurka nicht, daher müsse die Änderung von unten kommen. So könne man etwa zunächst lokal Pfarrverfassungen erarbeiten, aus denen dann Diözesanverfassungen hervorgehen könnten und letztendlich könnte darauf eine Verfassung für die Weltkirche entstehen, so Hurka. Man müsse jedenfalls den öffentlichen Druck erhöhen, denn: "Die Kirchenleitung handelt nur dann, wenn der öffentliche Druck da ist."
(APA)