Missbrauch: Rom prüft Berufsverbot für Priester

Missbrauch prueft Berufsverbot fuer
Missbrauch prueft Berufsverbot fuer(c) AP (PIER PAOLO CITO)
  • Drucken

Jeder Zweite im Stift Kremsmünster wusste laut einer internen Erhebung von den Missbrauchsgerüchten. Drei Patres ihrer Ämter enthoben, Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs läuft, Entschädigungszahlung startet.

Kremsmünster. Die interne Erhebung, die das Stift Kremsmünster nach Bekanntwerden der Fälle von sexuellem Missbrauch und Gewaltanwendung startete, ist beendet. Das Ergebnis: Jeder Zweite kannte Gerüchte über sexuelle, körperliche oder seelische Gewalt.

100 Personen befragt

Befragt wurden rund 100 Personen– Klostermitglieder ebenso wie weltliche, zum Teil pensionierte Lehrer und Erzieher. Nur in zwei Fällen soll es über Gerüchte hinausgehendes Wissen gegeben haben. Die Verantwortlichen wurden vor rund vierzig Jahren, als die Vorwürfe erhoben wurden, aus dem Schuldienst und dem Stiftsinternat abgezogen: „Aus heutiger Sicht hätten schon damals die Konsequenzen viel drastischer sein müssen“, sagt Abt Ambros Ebhart, der die Vergangenheitsbewältigung im Stift vorantreiben will.Die beiden in den 1970er-Jahren aus dem Schul- beziehungsweise Internatsdienst abgezogenen Patres gehören jenem Täterkreis an, gegen den vor rund einem Jahr auch die Staatsanwaltschaft – im Zuge der globalen Welle der Anklagen von Missbrauchsopfern – zu ermitteln begann.

Insgesamt wurde drei Kremsmünsterer Patres sexueller Missbrauch zur Last gelegt, sie müssen auch mit Sanktionen aus dem Vatikan rechnen, wo ihre Fälle derzeit geprüft werden. Es drohen Rückversetzung in den Laienstand und Ausschluss aus dem Orden. Acht weiteren Personen, darunter drei weltlichen Lehrern, wurde die Anwendung von körperlicher und seelischer Gewalt vorgeworfen.

Bis auf einen Fall, er betrifft den 78-jährigen Pater A., hat die Staatsanwaltschaft Steyr inzwischen alle Verfahren, insgesamt zehn, eingestellt: wegen Verjährung oder weil die zugrunde liegenden Tatbestände strafrechtlich nicht relevant sind.

Fünf Entschädigungszahlungen

„Für uns gibt es keine Verjährung“, sagt indes Abt Ambros Ebhart: „Es war ein großer Fehler, dass den Gerüchten nicht nachgegangen wurde. Es gibt nichts zu beschönigen und ich möchte mich bei allen Opfern aus tiefstem Herzen entschuldigen und um Verzeihung bitten.“

In zehn Fällen sei das Stift von der Klasnic-Kommission zu einer Stellungnahme aufgefordert worden, in fünf seien bereits Entschädigungen festgelegt worden. Eine konkrete Summe wollte der Abt nicht nennen, verwies aber auf die Sätze der Klasnic-Kommission: 5000 Euro für Missbrauch, 15000 für schweren und 25000 Euro für sexuellen Missbrauch. Die beschuldigten Patres leben bis auf Weiteres im Kloster, allerdings vom Gemeinschaftsleben isoliert, und warten auf den Ausgang des vom Vatikan eingeleiteten Verfahrens gegen sie. Im Gymnasium, in dem aktuell 370 Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, wurde ein psychosoziales Netzwerk eingerichtet, eine externe Psychologin bietet vom Stift finanzierte Beratung an. Am 20. Mai wird Felix Mitterers Theaterstück „Die Beichte“ aufgeführt. Auch intern arbeiten die Benediktiner von Kremsmünster die Geschehnisse mit psychologischer Hilfe auf. „Wenn zutage tritt, was verschüttet war, ist es auch eine Befreiung“, sagt Stiftssprecher Pater Bernhard Eckerstorfer über den offenen Umgang mit der Vergangenheit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.