Niederlande: Zuhälter sind immer öfter weiblich

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Voodoo-Rituale machen Mädchen gefügig. Die aus Nigeria stammenden „Hoeren Madams“ sind dabei, die tonangebenden Zuhälter in Amsterdam zu werden.

AMSTERDAM. Die „Oude Kerk“ steht mitten im Amsterdamer Rotlicht-Distrikt. Sie ist das älteste noch bestehende Gotteshaus der Niederlande und stammt aus dem 14. Jahrhundert. Rund um die „Alte Kirche“ herrscht allerdings weltliches Treiben. Dort stehen auch fast ausschließlich schwarze Prostituierte und bieten sich den Freiern an. Die meisten, die hier arbeiten, kommen aus Nigeria. Das ist kein Zufall.

Denn die aus Nigeria stammenden „Hoeren Madams“ sind dabei, die tonangebenden Zuhälter in Amsterdam zu werden. Die „Hoeren Madams“ sind weibliche Zuhälter, die früher oft selbst in der Prostitution tätig waren und nun junge Mädchen für sich arbeiten lassen. „Nigerianische Frauen stehen immer häufiger an der Spitze von kriminellen Organisationen in Amsterdam. Sie organisieren den Menschenhandel und lassen sowohl Frauen als auch Männer für sich arbeiten“, sagt Dina Siegel, Kriminologin an der Freien Universität der niederländischen Hauptstadt.

Neue Menschenhandels-Studie

Siegel hat gerade eine neue Studie über den Frauen- und Menschenhandel in Amsterdam verfasst. Sie fand heraus, dass ältere nigerianische Frauen „vom kleinen Familienbetrieb bis hin zu großen internationalen Netzwerken immer öfter als die neuen Chefinnen im Milieu agieren“.

Das Durchschnittsalter der „Hoeren Madams“ ist 45 Jahre. Oft sind die Zuhälterinnen mit niederländischen Männern verheiratet, sodass sie ein Bleiberecht in den Niederlanden haben. Viele dieser Männer arbeiten oft ebenfalls für die nigerianischen „Madams“, meist als Schlepper. Sie rekrutieren und begleiten den jungen weiblichen Nachwuchs aus Afrika und fliegen mit den aus Nigeria stammenden Mädchen nach Amsterdam, nachdem sie ihnen dort eine goldene Zukunft versprochen haben. In Amsterdam werden die Mädchen dann zur Prostitution gezwungen. Und zwar mit Hilfe von brutalen Voodoo-Ritualen.

Angst vor Fluch

In der Studie der Freien Universität wird der – anonyme – Fall eines Mädchens geschildert. Sie wurde mit Rasiermessern verletzt, danach wurde schwarzes Pulver in die Wunden geschmiert. Ihr Blut wurde in Schalen aufgefangen, wie bei einem Opferritual. Gleichzeitig redet man den Mädchen ein, dass sie verhext, verzaubert oder verflucht sein würden, gehorchen sie nicht ihren Peinigern. Kaum eine von ihnen traut sich zu widersprechen. Die Angst vor einem bösen Zauber sei zu groß. Nach Angaben der Kriminologin Dina Siegel sind die Mädchen nach einem solchen Voodoo-Ritual dermaßen eingeschüchtert, dass sie in der Tat willig werden. Sie tun dann alles, was die „Hoeren Madams“ von ihnen verlangen.

Geld und Pass werden den Opfern abgenommen. Nach einigen Jahren, in denen die Mädchen skrupellos ausgebeutet wurden, biete man ihnen an, ob sie eines Tages nicht auch zur „Hoeren Madam“ aufsteigen wollten. Somit reproduziere sich das System selbst, meint Siegel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2008)

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