Causa Zogaj: Zwei ähnliche Fälle in Finnland

Zwei "Großmütter"-Abschiebefälle sollen nun in Finnland nach monatelangem Tauziehen umgesetzt werden. Eine 65-jährige Ägypterin ist deshalb untergetaucht. Eine 82 Jahre alte Russin soll in ein Pflegeheim in ihrer Heimat gebracht werden.

In Finnland haben zwei dem Fall Zogaj ähnlich gelagerte Fälle die Medienöffentlichkeit seit über einem Jahr beschäftigt. Das Schicksal zweier durch Abschiebung bedrohter Großmütter, der Ägypterin Eveline Fadayel (65) sowie jenes der Russin Irina Antonova (82), hat sich in den jüngsten Tagen zugespitzt. Die Polizei hat begonnen, nach Wochen gezielter Untätigkeit Schritte zu unternehmen, die ausjudizierten und fristlich abgelaufenen Abschiebungsbescheide in die Tat umzusetzen.

Während die Familie Antonovas ihren Widerstand gegen die Abschiebung der pflegebedürftigen Frau vor einigen Tagen aufgab, weil mit Hilfe der russischen Behörden und nach entsprechenden russischen TV-Berichten ihre Unterbringung in einem geeigneten Pflegeheim gesichert werden konnte, ist Fadayel kurz vor ihrer zwangsweisen Abschiebung laut finnischen Medien untergetaucht. Ihr Sohn Maher Gerges hatte angekündigt, seine Mutter auf keinen Fall im Stich zu lassen und die Abschiebung um jeden Preis verhindern zu wollen.

Fadayel hätte am vergangenen Sonntag von der Polizei nach Ägypten abgeschoben werden sollen. Antonovas Abschiebung wird in den kommenden Tagen erwartet. Sie soll in einem Pflegeheim 80 Kilometer außerhalb von St.Petersburg untergebracht werden.

Der Präsident des Obersten Gerichts in Helsinki, Pekka Hallberg, hatte nach der letztinstanzlichen Bekräftigung des Abschiebungsbefehls im März die Behörden dazu aufgemuntert, die Abschiebung im Widerspruch zum eigenen Urteil nicht vorzunehmen. Hallberg musste dafür teils heftige Kritik einstecken und sich Vorwürfe wegen Kompetenzüberschreitung gefallen lassen.

Die Russin Irina Antonova kam vor zwei Jahren zu ihrer Tochter nach Finnland. Die Einwanderungsbehörde verweigerte der betagten und gebrechlichen Frau jedoch die Aufenthaltsbewilligung, weil sie nach Einschätzung der Behörde "nicht ausschließlich" von ihrer Tochter abhängig sei, sondern vielmehr in ein Pflegeheim in Russland eingewiesen werden müsse. Auf Initiative der Familie und unter Hinweis auf den schlechten Gesundheitszustandes wurde die Abschiebung der Frau mehrmals verschoben.

Fadayel lebt seit dem Tod ihres Ehemannes vor drei Jahren bei ihren erwachsenen Kindern in Vantaa bei Helsinki. Ihr Fall verlief ähnlich. Das geltende finnische Fremdenrecht anerkennt das Recht auf Zuzug nur jeweils für die Eltern und Kinder. Großeltern zählten bisher nicht zur "Kernfamilie" im Sinne des Ausländerrechts. Eine geplante Gesetzesänderung im Hinblick darauf und auf die Aufnahme "humanitärer Gründe" bei der Berücksichtigung von Aufenthaltsentscheidungen verzögerte sich mehrmals.

Mehrere Spitzenpolitiker wie Migrationsministerin Astrid Thors, Außenminister Alexander Stubb sowie Ministerpräsident Matti Vanhanen und Präsidentin Tarja Halonen bedauerten die Fälle, betonten aber gleichzeitig die juridische Korrektheit der geplanten Abschiebungen. Halonen kritisierte zuletzt, dass die finnische Debatte um die mögliche Öffnung für mehr Einwanderung lediglich auf von der Wirtschaft erwünschte Arbeitskräfte beziehe: "Menschen funktionieren als Menschen. Sie werden älter und krank", so Halonen vor rund einer Woche.

(APA)

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