Italien: Regierung sucht Finanzierung für Neuaufbau

Viele Fabriksgebäude in Norditalien sind schwer beschädigt.
Viele Fabriksgebäude in Norditalien sind schwer beschädigt.(c) EPA (CARLO FERRARO)
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Der Schaden des Erdbebens wird mit fünf Milliarden Euro beziffert. Eine Erhöhung der Benzinsteuer soll den Wiederaufbau finanzieren.

Die italienische Regierung ist auf der Suche nach einer Geldquelle für den Aufbau nach dem Erdbeben in der norditalienischen Region Emilia Romagna. Der Schaden in einem der wirtschaftlich vitalsten Gebiete Norditaliens wird vorerst auf fünf Milliarden Euro geschätzt. 95 Prozent der Werkshallen in der Provinz Modena sind beschädigt, 20.000 Menschen haben ihre Arbeit verloren. 70.000 Klein- und Mittelbetriebe beschäftigten vor dem Erdbeben in der Gegend 270.000 Personen. Zwei Milliarden Euro will die Regierung Monti jetzt vorerst für den Wiederaufbau zur Verfügung stellen. Dies soll auch mit Hilfe von Banken und Privater erfolgen.

Das Expertenkabinett in Rom will die Zusammenarbeit zwischen Banken, öffentlichen Einrichtungen und Unternehmern zur Förderung des Wiederaufbaus unterstützen. Der Präsident der Region Emilia Romagna, Vasco Errani, wurde zum Kommissar für den Wiederaufbau ernannt. Premier Mario Monti hofft auch auf Hilfe von der EU. Er drängt, dass die Ausgaben für den Wiederaufbau nicht im Rahmen des Pakts zur Eindämmung der italienischen Verschuldung berücksichtigt werden.

Bankenverband stundet Rückzahlungen

Unter dem Druck der Regierung beschloss der italienische Bankenverband ABI eine Stundung der Rückzahlung von Wohnungskrediten. Menschen, deren Unterkünfte beim Erdbeben beschädigt wurden, müssen die Darlehen dafür vorerst nicht zurückzahlen. Auch die Banken wollen Fonds zum Wiederaufbau der Region zur Verfügung stellen, kündigte der ABI an.

Der Ministerrat in Rom verabschiedete am Mittwoch ein Paket mit Hilfsmaßnahmen für die Erdbebengebiete. Zur Finanzierung des Plans wurde eine Erhöhung der Benzinsteuer von zwei Cent pro Liter beschlossen. Die Regierung kündigte außerdem an, dass sich die vom Erdbeben betroffenen Gemeinden nicht an den internen Stabilitätspakt halten müssen, der die Lokalverwaltungen zu strengen Einsparungen zwingt. Die Steuerzahlungen im Erdbebengebiet sind vorerst ausgesetzt. Der Notstand, der bisher lediglich für die Provinzen Modena und Ferrara ausgerufen worden war, wurde auch auf die Provinzen Reggio Emilia und Rovigo ausgedehnt.

"Wir sind sicher, dass die Italiener die Notwendigkeit einer weiteren Erhöhung der Benzinsteuer einsehen, um der vom Erdbeben betroffenen Bevölkerung zu helfen", kommentierte Errani. Er versicherte, dass der Wiederaufbau bald beginnen werde. Wichtig sei jetzt, die Arbeit des Zivilschutzes, der ehrenamtlichen Helfer, der Sicherheitskräfte und der Gemeinden effizient zu koordinieren.

Wirtschaft beeinträchtigt

Das Erdbeben hat eine der wirtschaftlich vitalsten Regionen des Landes hart getroffen. In den vom Erdstoß am 20. Mai und am vergangenen Dienstag betroffenen Provinzen Ferrara, Modena und Bologna konzentriert sich ein Großteil der italienischen Lebensmittelproduktion. Lager- und Treibhäuser, landwirtschaftliche Betriebe und Fabriken wurden beschädigt. Zahlreiche Nutztiere sind verendet. Die 120 Kilometer von Mailand entfernte Region gilt als Italiens Gourmethochburg und ist zur führenden Wirtschaftsregion Italiens mit dem Schwerpunkt Nahrungsmittel geworden. Hier befinden sich die Zentralen des Nudelfabrikanten Barilla und des Milchproduzenten Parmalat.

Auch eine Vielzahl von mittelständischen Nahrungsmittelproduzenten und Anlagenbauern für die Lebensmittelindustrie ist hier beheimatet. Die Hersteller des Balsam-Essigs aus der Region Modena sind schwer getroffen. Ein Teil der Parmesan-Produktion wurde vernichtet, die Herstellung ist beeinträchtigt. Die Schäden betragen sich auf 70 Millionen Euro, teilte das Konsortium für die Produktion des Grana Padano mit.

Das Erdbeben wirkt sich auch auf die Autoindustrie aus: Die Sportwagenschmieden Ferrari und Lamborghini sowie der Motorradhersteller Ducati mussten ihre Fabriken im Erdbebengebiet vorübergehend schließen. Dutzende Zulieferer erlitten riesige Schäden.

(APA)

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