Zwischennutzung: Wiens neue Pläne für leere Wohnungen

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In Wien stehen bis zu 80.000 Wohnungen leer. Die Stadt plant, mit einer „Agentur für Zwischennutzung“ diese Räume zu nutzen. Rund um das Vorzeigeprojekt „Fox House“ gibt es derzeit allerdings Ärger.

Wien. Für die meisten sind es nur leer stehende Wohnungen und Gebäude: viele davon baufällig, mit nackten Glühbirnen an der Decke. Andere wiederum sehen genau darin ihre große Chance: Die leeren Räume könnten Proberäume sein, großzügige Ateliers für Malarbeiten und umfunktionierte Arbeitssäle, in denen Architekturstudenten endlich genug Platz haben, um ihre Modelle und Pläne zu zeichnen.

„Rund 60.000 bis 80.000 Wohnungen stehen in Wien leer“, sagt Wencke Hertzsch von der TU Wien. Die Universitätsassistentin arbeitet derzeit an einer Studie über Zwischennutzung und Leerstandsmanagement in Wien. Die Studie wird von der MA7 (Kulturabteilung der Stadt Wien) gefördert, am Ende soll auf Basis der Ergebnisse eine „Agentur für Zwischennutzung“ entwickelt werden. Eine Plattform, die Baustellen, leere Wohnhäuser, Wohnungen oder alte Fabriksgelände vermittelt.

Seit im rot-grünen Regierungsabkommen festgelegt wurde, eine eigene „Agentur für Zwischennutzung“ zu gründen, wird – zwar nicht rasend schnell, aber immerhin beständig – an einer möglichen Umsetzung der Idee gearbeitet. Denn die Nachfrage nach solchen Räumen ist groß: „Wir haben fünf bis sechs Anfragen pro Woche“, sagt Jutta Kleedorfer von der MA18 und inoffizielle Beauftragte für Zwischennutzung im Rathaus.

Kleedorfer hilft Künstlern und Interessierten, an leer stehende Gebäude zu kommen und die Verträge mit den Eigentümern abzuschließen. „Von den Wiener Festwochen bis zu jungen Künstlern, die oft einfach kein Budget für einen Proberaum haben“, reicht die Palette der Interessenten. Helfen könne sie am ehesten, wenn jemand ein konkretes Objekt im Auge habe. Auch die Gebietsbetreuung in den Bezirken sei in diesem Fall sehr aktiv.

Kleedorfer schätzt, dass nur zehn Prozent der rund 80.000 Räumlichkeiten tatsächlich für Zwischennutzung infrage kämen: „Aber das ist eh noch immer viel.“ Eine Agentur für Zwischennutzung hält sie für dringend notwendig. Wenn auch die Umsetzung gar nicht so einfach sei. „Das Verhältnis stimmt noch nicht. Es gibt viele Anfragen auf wenig Angebote.“ Denn viele Hauseigentümer zögern noch, ihr Eigentum temporär zur Verfügung zu stellen. Einerseits, weil das mit Aufwand verbunden sei, andererseits auch aus rechtlichen Gründen: „Viele haben Angst, dass sie die Leute nicht mehr rausbekommen.“

Ärger über das Fox House

Dass Zwischennutzung tatsächlich nicht immer glattlaufen muss, zeigt das jüngste Beispiel rund um das Fox House in der Westbahnstraße. Anfang des Jahres noch als Vorzeigeprojekt gefeiert, hat das Projekt dem Eigentümer, der Premium Immobilien AG, mächtig Ärger beschert. Obwohl das Projekt Anfang Juni ausgelaufen ist, macht jetzt eine kleine Gruppe von Anrainern gegen das dort geplante Wohnhaus mobil. Sie fordern Kultur statt Wohnungen – so, wie das eben beim Fox House der Fall war.

„Wir sind von dieser Aktion überrascht“, sagt Premium-Immobilien-Vorstand Michael Baert. In Zukunft werde man sich Zwischennutzungen gründlich überlegen müssen. Auch wenn man den Betreibern des Fox House nichts anlasten würde. Aber: „Deren Bekanntheitsgrad wird jetzt für uns offensichtlich zum Nachteil.“

Auch das Fox-House-Team selbst ist verärgert über die Proteste. „Es war immer klar, dass unser Projekt nur auf Zeit ist. Die Eigentümer haben uns sogar angeboten, eine neue Bleibe zu finden“, sagt Fox-House-Initiator Toni Tramezzini. Er hofft, dass das Vertrauen in andere Zwischennutzer durch die Protestaktion nicht zerstört wird. „Denn dadurch entsteht ein Schaden für alle.“ Abgesehen vom Fox House würde Premium Immobilien auch Studenten und NGOs in ihren Häusern beherbergen.

Wo gibt's hier etwas Temporäres?

Auch Jutta Kleedorfer ärgern solche Aktionen. „Wenn jemand länger bleiben will, verstößt er gegen das eigene Prinzip“, sagt sie. Spezielle Verträge – ausgegeben von der neuen Agentur für Zwischennutzung – sollen das in Zukunft auch verhindern.

Denn dass die temporäre Bespielung für Wien wichtig sei, davon ist sie überzeugt. „Wenn junge Leute aus New York und London nach Wien kommen, dann kennen sie das Fluc und das Flex. Aber dann wollen sie auch immer wissen: Wo bewegt sich etwas? Wo gibt es denn etwas Temporäres?“

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