Wien: Handy am Rad – bald verboten?

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Für die Radler auf Wiens Straßen wird es eng. Nach der Idee, Radfahrer mit Nummerntafeln auszustatten, wird nun die Forderung nach einer 0,5-Promille-Alkoholgrenze und einem Handyverbot auf dem Fahrrad laut.

Wien. Für die Radler auf Wiens Straßen wird es eng. Nicht nur, weil der Platz auf den Radwegen und -streifen der enorm gewachsenen Zahl der Radfahrer zu knapp wird, auch schärfere Regeln stehen im Raum: Fritz Aichinger, der Klubobmann der Wiener ÖVP, fordert nun ein Handyverbot und striktere Alkoholgesetze. Schließlich darf man derzeit mit Handy am Ohr und bis zu 0,8 Promille Alkohol im Blut Rad fahren.

Anders als der umstrittene Ruf nach einer Nummerntafel für Radler (von dem Aichinger, anders als City-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel oder Bürgermeister Michael Häupl, nichts hält) trifft diese Forderung auf offene Ohren: Auch SPÖ und FPÖ sprechen sich gegen Handys am Rad und für schärfere Alkoholgrenzen aus. Die Grünen halten sich zu dem Thema bedeckt. Die Entscheidung liegt aber ohnehin nicht bei der Stadt. Im zuständigen Verkehrsministerium will man darüber im Herbst im Rahmen eines Rad-Gesamtpaketes diskutieren, vor allem gehe es dabei aber darum, das Radfahren weiter zu fördern.

„Kein Problem des Rowdytums“

„Wir fordern das seit Jahren“, sagt Othmar Thann, der Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). „Seinerzeit wurden in puncto Alkohol und Handy Regeln für Radfahrer übersehen, da sich die Regeln im Führerscheingesetz finden, nicht in der StVO.“ Jüngst habe ein Test des KFV gezeigt, dass sich die Reaktionsfähigkeit am Rad zwischen 0,5 und 0,8 Promille klar verschlechtere und im Ernstfall entscheidende Meter koste. Telefoniert man während der Fahrt, büße man ein Drittel der Reaktionsfähigkeit ein. Thann argumentiert auch mit einer höheren Zahl an Unfällen und mehr alkoholisierten Radfahrern. Die höhere Zahl der Radfahrer erkläre das nicht: „Mehr Verkehrsteilnehmer müssen nicht zu mehr Unfällen führen – siehe Autoverkehr. Derzeit erleben wir beim Radfahren einen Boom“, so Thann. Der gehe, wie in den 1960er-Jahren beim Auto, teils mit einer ,No limits‘-Mentalität einher. 2011 sind in Österreich 42 Radfahrer im Straßenverkehr (22 waren es im ersten Halbjahr 2012) gestorben, 2010 waren es zehn. Der Anteil der Alkoholisierten unter den Verunglückten ist zwischen 2000 und 2011 von 2,2 auf 3,9 Prozent gestiegen. 25 der 42 Opfer sind durch eigenes Fehlverhalten ums Leben gekommen, 17 durch Fremdverschulden. Knapp drei Viertel der getöteten Radfahrer waren älter als 60. Die Statistik zeigt, dass nicht ein „Rowdytum“ oder alkoholisierte Radler das Problem seien, sagt Otmar Bruckner vom Verkehrsdienst im Innenministerium. Vielmehr führe schlechte körperliche Verfassung, oft im Zusammenhang mit hohem Alter zu Unfällen. Die Polizei hat mittlerweile ein Auge auf Radfahrer und führt regelmäßig Schwerpunktaktionen durch. Schon ein Glas zu viel kann teuer sein: Ab 0,8 Promille liegt der Strafsatz bei 800 bis 3700 Euro, er steigt mit fortschreitender Alkoholisierung. Martin Blum, der Radbeauftragte der Stadt spricht von Strafen, so hoch wie nirgendwo sonst in Europa und ortet derzeit einen „Verbots-Eifer“ in Wien.

Während die einen Verbote diskutieren, kritisiert der Verkehrsclub Österreich (VCÖ), Politik setze sich wenig für Radinfrastruktur ein. Jeder zweite Radfahrer fühle sich unsicher, wie eine Umfrage besage. Die Befragten klagen über mangelnde Rücksichtnahme durch Autolenker. Besonders durch jene, die am Steuer telefonieren. Trotz Verbot.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2012)

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