Modeshop: Wiens erste vegane Boutique

Modeshop Wiens erste vegane
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In Jasmin Schisters neuem Modeshop in Wien-Josefstadt werden ausschließlich Kleidung und Produkte verkauft, die ohne tierische Inhaltsstoffe hergestellt wurden.

Kondome aus Tierdarm, das war 19. Jahrhundert. Heute bestehen sie aus Kautschuk und kein Tier muss dafür sterben. Vegan ist ein durchschnittliches Kondom trotzdem nicht: Während der Herstellung werden tierische Produkte wie Kasein (Protein in der Milch der Säugetiere) eingesetzt – oder Zusatzmittel wie Aromen sind an Tieren getestet worden. „Aber diese hier“, sagt Jasmin Schister und zeigt auf eine blaue Kondompackung, „diese hier sind ganz sicher vegan“.

Schister steht hinter der Theke ihrer neuen, veganen Boutique „Muso Koroni“ in Wien-Josefstadt – der ersten ihrer Art in Wien – und zählt die Besonderheiten eines veganen Badezimmers auf: keine Kosmetik mit Tierversuchsgeschichte, keine tierischen Zusatzstoffe wie Honig, Milch oder Karmin – dieser rote Farbstoff wird aus Schildläusen gewonnen und unter anderem für Lippenstifte verwendet. Tierische Duftstoffe wie Moschus und Amber sind ebenfalls tabu, so auch Wollwachs, das Sekret aus den Talgdrüsen von Schafen. Stattdessen gibt es Lippenbalsam aus biologischen Inhaltsstoffen, gesüßt mit Stevia.

Der vegane Lifestyle konzentriert sich nicht nur auf die Küche, das wird bei einem Rundgang durch Schisters Boutique schnell deutlich. Gürtel aus Kunstleder, Schuhe aus Kork sowie Jacken aus recycelten PET-Flaschen. „Ich will zeigen“, sagt die 27-jährige Schister, „dass es auch alternative Produkte gibt“. Bereits seit vier Jahren betreibt die gelernte Bürokauffrau den Vegan-Fair-Trade-Onlineverkauf „Muso Koroni“, aufgrund der steigenden Nachfrage habe sie nun beschlossen, eine Boutique zu eröffnen.

Viele Kunden würden die Materialien vorher fühlen wollen, ganz besonders bei Stoffen, die eher, nun ja, ungewöhnlich klingen. Recycelte Pinienfaser zum Beispiel: Hört sich recht kratzig an, ist aber äußerst weich, wie die violette Damenunterhose in Schisters Boutique beweist. Oder der dünne und weiche Pulli aus Lyocell-Fasern, die zwar industriell hergestellt werden, aber biologisch abbaubar sind, so Schister. Seide sucht man in ihrer Boutique freilich vergebens, so auch Hemden mit Perlmuttknöpfen.

Sohle aus Autoreifen. Als Schister mit ihrem Onlineversand begann, habe sie nur vier Marken angeboten – mittlerweile sind es 40. Trotzdem sei es schwierig, Kleidung zu finden, die vegan und modisch ist. Rund ein Jahr lang habe sie nach Herstellern gesucht, bevor sie den Shop eröffnet hat. Die Preise sind zwar höher als in großen Modeketten, aber nicht wesentlich, so Schister. Ein T-Shirt koste bei ihr ab zehn Euro – und dieses sei nicht unter problematischen Arbeitsbedingungen hergestellt worden. Winterschuhe für Männer mit einer Sohle aus recycelten Autoreifen kosten etwas über 100 Euro, „sie wurden fair in Portugal hergestellt“.

Schister hat mehrere Jahre vegetarisch gelebt, bevor sie beschloss, Veganerin zu werden. „Ich habe gemerkt, dass ich nur eine halbe Sache mache“, sagt sie über ihre Zeit als Vegetarierin. Tier- und Umweltliebe – ihre Beweggründe sind schnell erläutert. „Die Leute glauben, Veganer verzichten, aber das stimmt nicht“. Sie würden lediglich andere Produkte verwenden. „Wenn du zu deiner Milch greifst, greife ich zu meiner Reismilch.“ Ganz so simpel ist es allerdings auch wieder nicht. Lebensmittel, die auf den ersten Blick vegan erscheinen, sind es oft nicht: Fruchtsäfte können Gelatine enthalten, Nudeln oft Eier. Kekse und Schokolade mit Alpenmilch sind ohnehin tabu, wie der Name impliziert. Aber, so Schister, es gebe auch vegane Schokolade, man müsse sich eben nur ein wenig umsehen.

Für die Boutique – sie ist nach einer westafrikanischen Göttin benannt – ist Schister aus der Steiermark nach Wien gezogen. Hier habe sie eine größere Reichweite, sagt sie und zeigt in Richtung Herrenabteilung. Dort hängen bunte Hosen aus Bio-Baumwolle: Diese werde im Gegensatz zu regulärer Baumwolle nicht mit Pestiziden behandelt. Die Hemden werden ebenfalls aus Bio-Baumwolle hergestellt und enthalten auch Kapok; die Fasern des Kapokbaumes gelten als eine der leichtesten Textilfasern der Welt.

Mit ihrer Boutique wolle Schister nicht nur Veganer ansprechen, sondern auch Umweltbewusste. Schließlich würden manche Kunden vegane Kleidung nicht aus Überzeugung tragen, sondern, weil sie gewisse Materialien nicht vertragen. Trotzdem: „Immer mehr leben vegan“, sagt Schister. Was in den allermeisten Fällen auch heißt, dass sie auch umweltbewusst leben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2012)

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