Wien: (Nur) 30.000 Wohnungen stehen leer

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Die neueste Erhebung zeigt, dass in Wien nicht bis zu 80.000, sondern nur 30.000 Wohnungen leer stehen. Und dass der grüne Vorschlag, Mieten gesetzlich auf sieben Euro zu begrenzen, nur wenig bringt.

Wien. Die Forderung nach einer gesetzlichen Höchstgrenze für Mieten in Wien sorgt für heftige Diskussionen. Am Dienstag beschäftigte sich sogar Bundeskanzler Werner Faymann mit dem Thema, das die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou für die Wiener Volksbefragung im Frühjahr ins Spiel gebracht hat. Faymann meinte: Der Ansatz seines Nachfolgers als Wiener Wohnbaustadtrat, Michael Ludwig, eine Deckelung der Zuschläge bei der Miete einzuführen, sei „begrüßenswert“. Nicht die Mietobergrenze, sondern die fehlende Deckelung sei das Problem.

Bürgermeister Michael Häupl dagegen wollte den Vassilakou-Vorschlag nicht kommentieren. Gleichzeitig gibt es eine Diskussion, dass viele Wohnungen leer stehen. „Die Presse“ hat sich die Situation auf dem Wiener Wohnungsmarkt angesehen. Derzeit stehen rund 30.000 Wohnungen leer. Das sind die aktuellsten Daten, die von der Wiener Wohnbauforschung und Stadtplanung erhoben wurden. Damit dementiert Ludwig die kolportierten Zahlen von 60.000 bis 80.000 leeren Wohnungen. Die 30.000 Wohnungen seien nur etwa drei Prozent des Wohnungsbestandes und ein „gesunder Leerstand“, so Ludwig. Und: Eine Wohnungsknappheit gebe es erst, wenn 20.000 Wohnungen leer stünden.

Sturm im Wasserglas

Aber wie sieht es auf dem Wiener Wohnungsmarkt wirklich mit den Mieten aus – nachdem zuletzt Immobilienmakler von dramatischen Preisanstiegen gesprochen haben, der Vassilakou-Vorstoß heiß diskutiert wird? In der Bundeshauptstadt werden nur fünf Prozent der Mieten frei vereinbart. Für 95 Prozent gelten daher bereits heute strenge gesetzliche Obergrenzen.

In den Gemeindebauten betragen die Mieten 4,19 Euro, Neumieter müssen 5,16 Euro zahlen. Im geförderten Wohnbau werden durchschnittlich 4,73 Euro/m2 verlangt. Im privaten Sektor liegen die Mieten für Wohnungen, die dem Mietrechtsgesetz unterliegen (das ist der Großteil) bei 7,73 Euro pro m2 – inklusive Lagezuschläge. Das zeigt, dass der Vassilakou-Vorschlag ein Sturm im Wasserglas ist. Denn 95Prozent der Mieter bezahlen bereits heute weniger oder ähnlich viel. Nur jene Wohnungen, bei denen die Miete frei vereinbart werden kann (z. B. Einfamilienhäuser) liegen mit 8,78 Euro relativ deutlich über der geforderten Sieben-Euro-Grenze für Nettomieten. Deshalb kämpft Ludwig weniger für eine Mietzinsdeckelung („Für den überwiegenden Großteil gelten bereits Mietkonditionen von unter sieben Euro netto“), sondern für eine klarere Regelung bei dem Zuschlagen-Dschungel – die Zuschläge sollen maximal 25 Prozent ausmachen. Denn derzeit ist de facto nicht geregelt, unter welchen Bedingungen Vermieter Zuschläge zur Miete verrechnen dürfen.

Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der Mieten ist auch die Förderungstätigkeit der Stadt Wien, die Druck vom Wohnungsmarkt nehmen kann, wodurch auch die Mieten im privaten Sektor relativ niedrig sind. Jährlich werden etwa 7000 geförderte Wohnungen gebaut, während private Investoren nur rund 1500 jährlich errichten. Seit Beginn der Wirtschaftskrise und dem damit verbunden verstärkten Rückzug von Investoren, wurden neun von zehn Wohnungen durch den geförderten Wohnbau errichtet.

Nachfolger des Gemeindebaus

Gleichzeitig versucht die Stadt Wien, mit den Nachfolgern der Gemeindewohnungen, den sogenannten Smart-Wohnungen, eine dämpfende Wirkung auf die Mietpreise zu erzielen. Diese Smart-Wohnungen sind kleiner als die normalen Gemeindebauwohnungen, intelligente Planungen beim Grundriss sollen dieses Manko allerdings wettmachen. Die Mietpreise sollen sich dabei an jenen im Gemeindebau orientieren. Wobei keine Siedlungen von Smart-Wohnungen entstehen, sondern diese immer nur einen bestimmten Anteil bei geförderten Wohnprojekten ausmachen. Bis zum Jahr 2014 sollen 2000 derartige Wohneinheiten entstehen.

Auf einen Blick

Wiener Wohnungsmarkt. Bisher wurde von Experten davon gesprochen, dass rund 80.000 Wohnungen in Wien leer stünden, was ein Überangebot darstellen würde. In Wirklichkeit sind es nur 30.000. Und: Rund 95 Prozent der Mieter wären von der gesetzlichen Mietsenkung auf sieben Euro/m2, die die Grünen bei der Wiener Volksbefragung vorlegen wollen, nicht betroffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2012)

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