Olympia in Wien: Kosten wären enorm

(c) EPA (Kay Nietfeld)
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Sollten sich die Wiener bei der Volksbefragung Anfang März für eine Bewerbung um die Olympischen Spiele 2028 entscheiden, müsste die Stadt für neue Stadien und Hallen tief in die Tasche greifen.

Wien. Leichtathletikbewerbe im Ernst-Happel-Stadion? Ruderwettkämpfe auf der Neuen Donau? Und (vielleicht) Schwimmdisziplinen im Stadthallenbad – vorausgesetzt, das Becken ist bis dahin dicht? Bei der Volksbefragung im März werden die Wiener auch gefragt, ob sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Spiele 2028 bewerben soll. Bei einem mehrheitlichen „Nein“ dürfte das Thema Olympia in Wien für die nächsten Jahrzehnte vom Tisch sein. Sollte die Bevölkerung der Kandidatur aber zustimmen, stellt sich die Frage, ob Wien überhaupt die Kapazitäten hat, die Spiele auszutragen.

Als große Hürde einer Bewerbung gilt die aktuell unbefriedigende Situation der Sportstätten in der Hauptstadt. Selbst etablierte Veranstaltungsorte wie Happel- oder Dusika-Stadion und die Wiener Stadthalle müssten umgebaut, weitere Hallen und Stadien überhaupt erst errichtet werden. Der Neusiedler See ist zum Segeln zu seicht, denkbar wäre ein Ausweichen ins Salzkammergut (Attersee oder Traunsee). Beachvolleyball wäre wohl ein Fall für die Donauinsel. Ebenso die Ruderbewerbe.

Immer wieder verworfen wurde die Idee der Errichtung einer Multifunktionshalle mit einer Zuschauerkapazität von 15.000 Zuschauern aufwärts. Zwar ist das 2011 eröffnete Multiversum in Schwechat für verschiedene Sportarten geeignet, weist aber eine bescheidene Kapazität (ca. 2800) auf. Dafür fand im zuletzt ausgebauten Eissportzentrum in Kagran (6300 Plätze) im Sommer erstmals ein Handballspiel statt.

Das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) rechnet jedenfalls mit positiven Struktureffekten. „London 2012 war ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie viel Sommerspiele bewegen können“, meint Generalsekretär Peter Mennel. „Die nötigen Infrastrukturmaßnahmen haben einen langfristigen Effekt auf die Entwicklung des Breiten- und Spitzensports aufgrund verbesserter Trainingsmöglichkeiten. Nicht umsonst üben in England jetzt 750.000 Personen mehr Sport aus als noch vor einem Jahr.“

11,5 Milliarden Euro für London

ÖOC-Präsident Karl Stoss wiederum fordert, die Bewerbung auf die Umsetzungsmöglichkeiten hin abzuklopfen. „Grundsätzlich unterstützen wir jede Art der olympischen Initiative, sofern sie realistische Erfolgschancen verspricht und die finanziellen Mittel für die Bewerbung, Infrastrukturmaßnahmen und Durchführung gesichert sind“, sagt Stoss und spricht die größte Herausforderung für Olympia in Wien an – die Finanzierung.

Olympia 2004 in Athen kostete rund neun Milliarden Euro, London 2012 sogar 11,5 Milliarden, allein 20 Millionen wurden für die Kandidatur ausgegeben. Die Bewerbung von München für die Spiele 2018 ist mit 33 Millionen veranschlagt.

Angesichts solcher Summen wartet die ehemalige Wasserspringerin Anja Richter, die vier Mal an Olympischen Spielen teilgenommen hat und seit 2009 Referentin im Kabinett des Sportministers Norbert Darabos (SPÖ) ist, mit einem ungewöhnlichen Vorstoß auf: Wien solle sich nicht eigenständig, sondern länderübergreifend mit anderen Städten – etwa in Kroatien, Slowenien oder Italien – bewerben.

„Noch lieber wäre mir eine Bewerbung als Europäische Union mit Wien als Hauptaustragungsort – als Zeichen für den europäischen Gedanken“, sagt Richter, die bei der Euro 2008 Pressesprecherin des Wiener Organisationskomitees gewesen ist. „Vergangene Großereignisse wie Welt- und Europameisterschaften im Fußball haben gezeigt, dass länderübergreifende Austragungen nichts Außergewöhnliches mehr sind.“ Sie rechnet im Übrigen mit einem klaren Votum der Wiener für die Bewerbung. Richter: „Das größte Sportereignis der Welt in der eigenen Stadt zu haben ist eine einmalige Gelegenheit, die sich die Wiener, die ein stolzes Volk sind, nicht entgehen lassen werden.“

„Spekulative Blasen“

Anderer Meinung ist Alexander Ertler, Geschäftsführer von Immobilien.net: „Für Olympia in Wien wird es keine Mehrheit geben, dafür sind die Wiener zu vernünftig. Das hat man schon bei der Volksbefragung über die Weltausstellung (Expo, Anm.) 1991 gesehen.“ Dass es durch Olympische Spiele zu nennenswerten Teuerungen auf dem Wohnungsmarkt komme, glaubt er nicht, „da die Aufwertung einer Gegend von verschiedenen Faktoren wie Freizeit-, Verkehrs-, Gesundheits- und Bildungsinfrastruktur abhängt. Neue Sportstätten allein reichen dafür nicht.“ Lokal könne es im Vorfeld zwar spekulative Blasen geben, „diese werden aber nach den Spielen platzen“.

Wiener Volksbefragung

Im März wird in Wien die mittlerweile achte Volksbefragung abgehalten. Die Wiener werden zu den Themen Parkraumbewirtschaftung, Olympische Sommerspiele, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Bürger-Solarkraftwerke um ihre Meinung gefragt.

>> Zur Übersicht der Fragen

Analsyen zu den Themen der Befragung:

- Parken
- Olympia
- Privatisierungen
- Bürgerkraftwerke

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2013)

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