Nein zu Olympia 2028: Des Wieners Angst vor Großprojekten

(c) EPA (Kay Nietfeld)
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Ein Nein zu Olympischen Spielen in Wien gilt nach ersten Auszählungen als fix. Es wäre nicht das erste Votum gegen ein Großereignis.

Wien. Die ersten Ergebnisse der Wiener Volksbefragung, die am Montag durchgesickert sind, deuten darauf hin: Michael Häupls Olympiaträume könnten bald geplatzt sein. Auch nach Auszählung der ersten brieflich abgegebenen Stimmkarten scheint sich der Trend fortzusetzen, der sich nach Zählung der Stimmen aus den Wahllokalen abgezeichnet hatte: Eine große Mehrheit spricht sich demnach gegen die Bewerbung für Olympische Sommerspiele 2028 aus. Noch ist das Ergebnis nicht fix, denn das offizielle Ergebnis wird Bürgermeister Häupl erst heute zu Mittag bekannt geben, doch die Chance auf ein Ja schien am Montagabend minimal.

Die Wiener und internationale Großereignisse, das ist insgesamt eine eher schwierige Beziehung. „Soll 1995 in Wien eine Weltausstellung durchgeführt werden?“, ließ der damalige Bürgermeister, Helmut Zilk, selbstsicher fragen und warb massiv für die Expo – gemeinsam mit VP-Obmann Heinrich Wille. In beiden Parteien, die zuvor bei der Wien-Wahl zusammen 80Prozent der Stimmen bekamen, wurde eine Niederlage für unmöglich gehalten. Denn auch Mitglieder der Bundesregierung wie VP-Vizekanzler Josef Riegler warfen sich für die Expo in die Schlacht. Den Wienern wurde vorgerechnet, dass eine Expo der Wiener Wirtschaft einen Wachstumsschub von sechs Prozent bescheren bzw. Expo-Besucher 24 Milliarden Schilling (1,7 Mrd. Euro) in der Stadt lassen würden.

Die Wiener beeindruckte das wenig. Rund 65Prozent stimmten gegen die Expo. Und hebelten gleichzeitig die Absicherung gegen eine Niederlage aus, die Zilk vorsichtshalber eingebaut hatte: Er hatte erklärt, dass das Ergebnis bei einer Beteiligung unter 30Prozent ungültig sei – fast 44Prozent der Wiener stimmten ab. Dem Bürgermeister blieb nur noch Zynismus in Form eines Zitats von Victor Adler: „Lieber mit den Massen irren als gegen die Massen recht behalten.“

Die Angst vor dem Unbekannten

Die Gründe für die Expo-Absage ähneln jenen, die zuletzt auch gegen eine Olympia-Bewerbung ins Feld geführt werden: Staus im Verkehr und eine Explosion bei Mieten und Preisen. Dazu kommt auch eine typische Wiener Einstellung: „Zu was brauch' ma des?“

Wolfgang Bachmayer, Geschäftsführer von OGM, wundert die negative Stimmung gegen internationale Großprojekte in der Bundeshauptstadt nicht: „Den Wienern sind Großprojekte nicht geheuer.“ Das habe man nicht nur bei der Expo, sondern auch 1981 bei der Abstimmung über das Wiener Konferenzzentrum gesehen. Die war zwar österreichweit, ging aber wegen der großteils negativen Stimmen aus Wien negativ aus – gebaut wurde es damals trotzdem, aber das nur nebenbei. Bei derart großen Projekten, bei denen der Wiener nicht weiß, was es ihm bringt (auch weil die Politik ihn nicht umfassend informiert), regiere das Bauchgefühl.

Und doch gab es schon große internationale Veranstaltungen in Wien – zuletzt etwa die Fußball-EM 2008. Hätte Bürgermeister Michael Häupl die Wiener vorher über die Abhaltung abstimmen lassen, glaubt Bachmayer, wäre in den Stadien kein einziger Ball gerollt: „Die Begeisterung in der Bevölkerung war bei Weitem nicht so positiv, wie sie offiziell dargestellt wurde.“ Anders formuliert: Die Wiener hätten die Euro 2008 niedergestimmt.

Wiener Volksbefragung: Die Trends vor dem Ende der Auszählung

Olympia: Keine Bewerbung für Olympische Spiele – dieser Trend zeichnete sich nach ersten inoffiziellen Ergebnissen aus den Bezirken ab.

Solarenergie: Hier sieht es nach den ersten Ergebnissen nach einer Mehrheit für den weiteren Ausbau von Bürgerkraftwerken aus.

Parkpickerl: Eine klare Mehrheit lässt sich aus den ersten vorliegenden Ergebnissen noch nicht ableiten, doch liegen die Befürworter der Variante, die Entscheidung über Kurzparkzonen den Bezirken zu überlassen, leicht in Front.

Privatisierung: Die ersten durchgesickerten Ergebnisse zeigen, dass sich die Wiener deutlich für einen Privatisierungsschutz kommunaler Dienstleistungen aussprechen.

Endergebnis: Bis Montag, 18.März, können Antwortkarten per Brief noch bei den Behörden eintreffen. Erst dann wird das endgültige Ergebnis der Volksbefragung feststehen. Allerdings: Schon heute, Dienstag, wird um 11.30Uhr das Ergebnis aller bisher eingelangten Stimmen per Post oder aus Wahllokalen bekannt gegeben – und das soll dem Endergebnis sehr nahekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2013)

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