Prunkvolle Räume: Für Diplomaten ist Wien attraktiv

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Metternich, Otto Wagner, Hans Moser: Wo sie einst wohnten, leben heute Staatsvertreter. Viele Botschaften stehen unter Denkmalschutz und haben eine interessante Geschichte.

Wien. Fast zwei Jahre lang war das prunkvolle Palais an der Ecke Johannesgasse/Heumarkt hinter Baugerüsten versteckt. Seit einigen Wochen sind diese abgebaut und die aufwendig renovierte Fassade des unter Denkmalschutz stehenden 1867 erbauten Gebäudes ist wieder zu sehen. Doch nur den wenigsten ist bewusst, dass dieses Haus mit dem wunderbaren Blick auf und über den Stadtpark eine dunkle Vergangenheit hat.

Denn das Gebäude gehört seit nun schon fast hundert Jahren dem Staat Irak und in der Ära von Diktator Saddam Hussein, der zwischen 1979 und 2003 sein Land mit brutaler Gewalt regierte, saßen auch in Wien Diplomaten von Saddams Gnaden und hier soll sich auch jahrelang das irakische Spionage-Hauptquartier befunden haben.

Von diesem Standort aus wurden illegale Waffengeschäfte abgewickelt, hier war eine zentrale Schwarzgeld-Sammelstelle für das Regime (Stichwort: Oil for Food) und von hier aus sollen auch Saddams Konten verwaltet worden sein.

Mysteriöse Schussattentate

Nicht alles lief mit diplomatischer Diskretion ab. So gab es mysteriöse Schussattentate auf die Botschaft. 1988 stürmten Kurden, die gegen irakische Giftgaseinsätze protestierten, das Gebäude. Drinnen kam es zu Schießereien. Dass gegenüber das Hotel Intercontinental liegt, hatte viele Vorteile: Denn in Vor-NSA-Zeiten quartierten sich dort westliche Geheimdienstmitarbeiter ein, um das Geschehen in der Botschaft, damals übrigens die größte des Irak in Europa, zu überwachen. Das ist jetzt schon mehr als zehn Jahre her und es gibt einen neuen Irak. Nach Auskunft der Botschaft, die derzeit in Miete am Laurenzerberg untergebracht ist, wird das diplomatische Personal das renovierte Palais im Frühsommer beziehen.

Die Renovierung ist übrigens gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt (BDA) geplant und von diesem auch überwacht worden. Der Wiener Landeskonservator Friedrich Dahm streut im Gespräch mit der „Presse“ den Diplomaten Rosen: „Die Zusammenarbeit mit den Irakern war vorbildlich.“

Eine interessante Geschichte hat auch die ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Diplomatenherberge am Rennweg 3 im dritten Bezirk. Sie wurde 1890 von Otto Wagner als Privatpalais und Ateliergebäude errichtet. Das Gebäude wurde später vom Staat Jugoslawien erworben und beherbergte die Botschaft. Nach dem Zerfall des Staates Anfang der Neunzigerjahre übernahm Serbien das Gebäude. Im Zuge eines langwierigen Verfahrens, in dem das Eigentum des Tito-Staates aufgeteilt wurde, wurde das Gebäude 2011 der Republik Kroatien zugesprochen. Derzeit lässt die kroatische Regierung das Gebäude aufwendig sanieren – in Zusammenarbeit mit dem BDA.

Wien ist nicht erst seit den 1970er-Jahren, als es unter Bruno Kreisky zur dritten UNO-Stadt (neben New York und Genf) avancierte, eine internationale Stadt. Als Zentrum der Donaumonarchie war es auch diplomatisches Zentrum.
Zahlreiche Wiener Palais wurden schon damals von ausländischen Staaten erworben. Heute gibt es 118 bilaterale Botschaften in Wien, dazu 139 Vertretungen bei internationalen Organisationen und 55 bei der OSZE. Laut Außenamt sind 17.200 Personen gemeldet, die diplomatischen Status haben. Das sind Botschafter und Gesandte bei bilateralen und multilateralen Vertretungen samt ihren Familien.

Das wohl bekannteste diplomatische und auch am häufigsten fotografierte Palais in Wien ist sicher die französische Botschaft beim Schwarzenbergplatz. Es ist die einzige diplomatische Vertretung der Welt, die im Jugendstil konzipiert ist. Auch die Baugeschichte ist einzigartig. 1901 vom französischen Staat gekauft, wurden die besten Architekten auf die Planung angesetzt. Diese wurde mehrmals überarbeitet. Schließlich dauerte es bis zum Kriegsbeginn 1914, bis die letzten Möbelstücke eintrafen. Das prunkvolle Gebäude war anfangs besonders für Repräsentation gedacht – mit Empfangsräumen für bis zu 600 Personen – daher fehlt heute der Platz für schlichte Büroräume.

Wo einst Hans Moser wohnte

Eine interessante Geschichte hat auch die Botschaft der Republik Aserbaidschan. In der Jahrhundertwende-Villa in Hietzing, wo heute die Vertreter Bakus ihren Geschäften nachgehen, wohnte in den Dreißigerjahren ein berühmter Volksschauspieler – Hans Moser. Aserbaidschan hat das Moser-Haus Anfang der 2000er-Jahre erworben und umgebaut. Eine Tafel erinnert daran, dass hier „ein großer Wiener“ wohnte.

Nicht alle Botschaftskäufe verlaufen problemlos. Da wäre etwa die Residenz für den Botschafter des Staates Namibia in Grinzing. Dieses Haus war einst das Alte Preßhaus und stammt aus dem Jahr 1527. Damit ist es wohl die älteste Herberge für einen Staatenvertreter. Der Umbau wurde von vielen Grinzingern misstrauisch beäugt. Kurz vor dem Sommer war die Residenz Thema im Nationalrat: Angefragt wurde, warum ein Staat, der Entwicklungshilfe empfängt, „das Alte Preßhaus zu einer Luxusimmobilie umbauen lässt“.

Um noch im noblen 19. Bezirk zu bleiben: Heuer im Frühjahr ist das ehemalige Kinderheim, die Villa Hohe Warte, an die Volksrepublik China verkauft worden, laut „Gewinn“ für 21 Mio. Euro. In dem Gebäude aus dem Jahr 1908 wird die UNO-Vertretung der Republik China Platz finden. Aber erst nach einem Umbau, der bis zu zwei Jahre dauern werde. Wie es in der Vertretung heißt, werden derzeit Architektenvorschläge eingeholt. Detail am Rande: Das Gebäude gehörte Anfang der 2000er-Jahre dem kroatischen Ex-General Vladimir Zagorec beziehungsweise dessen Kreditgeber Hypo Alpe Adria.

Kennedy auf Besuch in Wien

Die bilaterale Botschaft Chinas bleibt in der Metternichgasse im dritten Bezirk. Dort, wo Wiens Botschaftsviertel ist und mehrere Länder ihre Palais haben. Etwa Italien, das mit dem Palais Metternich eine besonders prunkvolle Botschaft hat, mit eigenem Ballsaal. 2014 soll übrigens die Fassade renoviert werden – gemeinsam mit dem Denkmalamt.

Nicht weit daneben ist die russische Botschaft, die sogar eine eigene Kathedrale hat. Das russisch-orthodoxe Gotteshaus zum Heiligen Nikolaus wurde von 1893 bis 1899 im Garten der Botschaft erbaut. Das eigentliche Botschaftsgebäude, im Stil der Wiener Neorenaissance, hatte der Zar 1861 von einem Wiener Bankier gekauft. In der Botschaft trafen sich übrigens 1961 John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow und 1979 Leonid Breschnjew und Jimmy Carter.

Noch eine weitere politisch hochinteressante Botschaft befindet sich in dem Botschaftsviertel: Die Vertretung der Islamischen Republik Iran. Das frühere Palais Sigray St. Marsan ist ein Gebäude aus der Ringstraßen-Zeit, gebaut 1872 und später jahrzehntelang Botschaft des Kaiserreiches Persien. Mit der Islamischen Revolution 1979 wurde es zur Herberge für die Islamische Republik Iran.

Und was ist mit den USA? Die Botschaft in der Boltzmanngasse war einst ein Gebäude der k. k. Akademie für Orientalische Sprachen. 1947 als Gesandtschaft bezogen und 1951 zur Botschaft aufgewertet ist sie heute aus Sicherheitsgründen schwer zugänglich. Die prunkvolle Residenz in Hietzing mit riesigem Park gehört wiederum seit 2012 zur „League of Green Embassies“: Das Gebäude wurde besonders umweltfreundlich und energiesparend umgebaut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2013)

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