Der Kampf um die Hofburg

DEMONSTRATION GEGEN AKADEMIKERBALL
DEMONSTRATION GEGEN AKADEMIKERBALLAPA/GEORG HOCHMUTH
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Die Geschichte eines Protests: Wie sich die Demo gegen den Ball der schlagenden Burschenschaften in der Wiener Hofburg zum Event entwickelte, der Linke und Antifaschisten eint.

Wien. Neun Wochen lang war die Burg belagert. Im Inneren harrte Kaiser Friedrich III. mit seiner Familie aus – draußen tobten aufgebrachte Wiener Bürger. Friedrichs Bruder Albrecht VI. hatte die Unzufriedenheit der Bevölkerung genutzt, um den römisch-deutschen Kaiser in einem Erbstreit in die Enge zu drängen. In seinem „Buch von den Wienern“ schrieb Hofdichter Michael Beheim über jene Zeit vom 2.Oktober bis 4.Dezember 1462 – und übergoss die Einwohner der Kaiserstadt dabei mit Schmähreden. Erst durch das Eingreifen des böhmischen Königs Georg von Podiebrad konnte die Belagerung beendet werden – wenn auch die Burg einige große Schäden davontrug.

Es ist dies nicht das einzige Mal, dass die Wiener Hofburg im Mittelpunkt von Auseinandersetzungen stand. Auch während der Revolution von 1848 war es rund um den Kaisersitz ungemütlich. Straßenkämpfe führten dazu, dass Kaiser Ferdinand I. und die kaiserliche Familie die Flucht nach Innsbruck antraten. Die Bürger setzten ihre Barrikadenkämpfe fort. Als schließlich am 31.Oktober kaiserliche Truppen die Stadt beschossen, brannten die Hofburg und die dazugehörige Bibliothek, wieder kam es zu massiven Schäden.

WKR-Ball ab 1968 in der Burg

Im Vergleich zu den damaligen Ereignissen wirkt die Geschichte der Proteste gegen den Akademikerball– und seinen Vorgänger, den WKR-Ball – vergleichsweise moderat. 1952 fand er erstmals statt, seit 1968 wird er in der Hofburg abgehalten. Von Protesten war lange keine Spur – im Gegenteil, bis in die 1990er-Jahre saßen sogar die Rektoren aller österreichischen Universitäten im Ehrenkomitee des Balls, der von den schlagenden deutschnationalen Burschenschaften veranstaltet wurde. Und der seit jeher zahlreiche Gäste aus dem rechtsextremen Spektrum anzog.

Unmut und Widerstand gegen den Ball regte sich erst um die Jahrtausendwende, als Wolfgang Schüssel gemeinsam mit der FPÖ eine schwarz-blaue Regierung bildete. Wobei es noch einige Zeit dauern sollte, ehe es zu größeren Kundgebungen kam. So klagte etwa 2008 die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) in einem offenen Brief an Bundespräsident Heinz Fischer, dass die Veranstaltung gerade im Gedenkjahr 1938–2008 nicht passend sei. Damit war der Anfang getan. Und schon bald entwickelte sich die Demo gegen den WKR-Ball quasi zum Nachfolger der „Opernball-Demo“, die die Polizei in den Achtzigerjahren immer wieder beschäftigte. Fortan sollte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) rund um den Ball immer wieder von Sachbeschädigungen und gewalttätigen Zusammenstößen mit der Exekutive berichten. Auch Verletzte und Festnahmen kamen in die Protokolle der Polizei. Die Folge: Um die Hofburg wird rund um den Ball eine Sperrzone errichtet. So wie auch dieses Jahr. Und rund 2000 Polizisten wurden extra für den Ball in den Dienst gestellt – um Ausschreitungen zu verhindern.

Dass es zu Gewalt bei den Demonstrationen kommt, darüber klagt die FPÖ, die seit 2012 als offizieller Veranstalter des Balls auftritt. Dass die Hofburg sich für Rechtsextreme überhaupt öffnet, darüber klagen die Gegner. Allein – die Republik selbst hat in diesem Fall keine Möglichkeit, einen Ball zu verbieten. Zumindest nicht, wenn der Organisator nicht eine kriminelle Organisation ist, wie Wiens Burghauptmann Reinhold Sahl erklärt. Die Burghauptmannschaft hat als Vertreter der Republik den aktuellen Pachtvertrag mit der Hofburg Betreibergesellschaft abgeschlossen. Der aktuelle Vertrag mit der jetzigen Gesellschaft läuft seit 2007 und noch bis 2019. Bis dahin also steht dieser frei, welche Veranstaltungen dort stattfinden. Solange sich die Gesellschaft oder ihre Vertragspartner nicht gesetzeswidrig verhalten, gebe es keine Möglichkeit, in die Verträge einzugreifen, sagt Sahl.

Möglichkeiten prüfen

Eine Aufzählung, welche Art Veranstaltungen dort stattfinden dürfen, gebe es im Vertrag nicht. Sollten dort allerdings Dinge stattfinden, die in irgendeiner Art grob anstößig seien, könne man wohl rechtliche Möglichkeiten prüfen.

Welche Möglichkeiten die Republik hat, auf die Hofburg trotz privater Betreiber zuzugreifen, das lässt die Burghauptmannschaft aktuell prüfen: allerdings wenn es um Eigenbedarf geht. Schließlich soll ein Teil der Hofburg ab 2017 als Ausweichquartier für das Parlament genutzt werden. Offiziell äußert sich in der Betreibergesellschaft niemand dazu: Man wolle sich nicht in einen Konflikt hineinziehen lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2014)

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