Brandstiftung in Wien: U-Haft am Krankenbett verhängt

Großeinsatz in der Nacht auf Mittwoch
Großeinsatz in der Nacht auf MittwochAPA/ROBERT TOBER
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Der 44-Jährige, der in seiner Wohnung am Hohen Markt eine Explosion herbeigeführt haben soll, bestreitet die Vorwürfe. Die Zahl der Mietnomaden und Delogierungen nimmt indessen zu.

Der Haftrichter kam ans Krankenbett. Denn Werner C., der mutmaßliche Brandstifter vom Hohen Markt, ist in Spitalsbehandlung, er gilt als suizidgefährdet. Das Ergebnis der Einvernahme: Über den 44-jährigen wurde wegen Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft verhängt. Da sein Verteidiger Ernst Schillhammer keine Einwände hatte, wurde der U-Haft-Beschluss rechtskräftig und gilt bis zum 2. Mai.

Geständig ist C., wie eine Sprecherin des Straflandesgerichts bestätigte, aber nicht. In einer ersten Befragung durch die Polizei schilderte er seine Version der Brandnacht, die einer jungen Frau das Leben gekostet hatte: Demnach habe er am Mittwoch seine Mutter besucht und sei dann mit seinem Labrador spazieren gegangen. Als er daheim die Wohnungstür geöffnet habe, sei er von der Explosion überrascht worden und im Schock weg gerannt. Zu den Benzinkanistern, die die Ermittler in der Wohnung fanden, gab er keine Erklärung. In der Brandnacht dürfte sich C. dann mit Alkohol und Tabletten betäubt haben. Ein Passant fand ihn Donnerstagfrüh alkoholisiert und reglos samt Hund im 3. Bezirk. C. wurde in ein Spital eingeliefert. Erst am Donnerstagabend konnte die Polizei feststellen, dass es sich um den Gesuchten handelte.

C. wird als "Mietnomade" eingestuft

Was man bisher über Werner C. weiß, dürfte er ein Einzelgänger sein, „nur der Hund war sein ein und alles", heißt es bei der Polizei. Am Hohen Markt, wo C. erst im Oktober des Vorjahres eingezogen war, stand er kurz vor der Delogierung. Diese gilt als mögliches Motiv für eine Brandstiftung. Die Polizei stuft C. als „Mietnomaden" ein, also jemanden, der mit der Absicht einzieht, die Miete bald nicht mehr zu bezahlen und dann die Delogierung abwartet.

Gesichert ist, dass gegen C. bereits zwei Mal in verschiedenen Wohnungen Delogierungsverfahren angestrengt wurden. Vermutet werden aber mehrere Fälle. Auch das Büro seiner Unternehmensberatung im ersten Bezirk wurde geräumt.

Immer mehr Delogierungen

Das Phänomen „Mietnomade" ist generell ein Problem, das in Wien offenbar leicht wächst. Das sagen zumindest Vertreter der Vermieter und Gerichte. Eine offizielle Statistik liegt nicht vor, aber an einigen Gerichten steigt die Zahl der Räumungsklagen bei Wohnungen, für die nie, oder nur kurz am Anfang Miete bezahlt wurde. Auch, wenn diese Fälle ein verschwindend kleiner Anteil aller Mieter betreffe, wie es von der Mietervereinigung heißt.

Generell nehmen die Fälle von Räumungsklagen an Wiener Gerichten zu. Diese müssen nämlich die Zwangsräumung genehmigen, die bis zur Umsetzung bis zu zwei Jahren dauern kann. Die Hauptgründe: Mietrückstände, Konflikte mit den Nachbarn aufgrund psychischer Probleme und Alkohol.

2011 (das ist die letzte offizielle Zahl) gab es in Wien demnach 7640 Anträge auf Delogierung - Tendenz steigend. Zumindest registriert die Volkshilfe, die von Wiener Gerichten über eingeleitete Delogierungsverfahren benachrichtigt wird (um im Auftrag der Stadt zu vermitteln, damit die Delogierung nicht notwendig wird) eine Steigerung in diesem Bereich um geschätzte 20 Prozent. Meist werde eine Lösung gefunden, heißt es dort - wenn der Mieter auf das Schreiben der Volkshilfe reagiert, was aber nur in rund der Hälfte der Fälle passiert. Auch seitens der Caritas wird von 2012 auf 2013 „eine deutliche Steigerung" bei jener Beratung registriert, bei denen es um eine drohende Delogierung geht.

Im Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gibt es über Mietnomaden und Delogierungen keine offizielle Statistik - Mietnomaden seien aber nur in einzelnen Fällen ein Thema. In Summe gibt es in Wiens Gemeindebauten 700 bis 900 Fälle von Delogierungen pro Jahr - wegen Mietrückständen oder „unleidlichen Verhaltens". Bei 220.000 Gemeindebau-Wohnungen in Wien sei der Prozentsatz von Delogierungen damit „im Promille-Bereich".

Brand forderte eine Tote

Das mit Benzin als Brandbeschleuniger gelegte Feuer hatte am Mittwoch gegen 4.30 Uhr ein Appartement des Wohnhauses an der Ecke Hoher Markt/Marc-Aurel-Straße zerstört. Nähere Aufschlüsse über die Umstände soll das Gutachten eines Brandsachverständigen bringen. Es hat jedenfalls eine Druckwelle gegeben, die Fenster (auch auf der anderen Straßenseite) zerstörte und Einrichtungsgegenstände auf die Straße schleuderte. Eine 23-jährige Frau kam in einer Nachbarwohnung ums Leben, als sie von einer umstürzenden Mauer erschlagen wurde. 17 Menschen erlitten leichte Rauchgasvergiftungen.

(stu/cim/uw/APA)

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