Fall Alijew: Ex-Agent weist Mordvorwurf zurück

ALIYEV-PROZESS: MUSSAYEV / KOSHLYAK
ALIYEV-PROZESS: MUSSAYEV / KOSHLYAK(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Die Anklage gegen Kasachstans Ex-Geheimdienstchef wirkt wackelig. Mussayev erklärte sich für "unschuldig".

Wien. Zweiter Tag im Alijew-Prozess und schon könnte es sich für die Staatsanwaltschaft „rächen“, dass die Anklage wegen zweifachen Mordes voll und ganz rund um den kasachischen Ex-Botschafter Rachat Alijew aufgebaut wurde. Dieser ist bekanntlich nicht mehr am Leben. Er wurde Ende Februar erhängt in seiner Wiener U-Haft-Zelle aufgefunden. Und der zum neuen Hauptangeklagten aufgerückte Ex-Alijew-Vertraute Alnur Mussajew, einst Chef des Geheimdiensts KNB, hat keine Mühe, die Mordvorwürfe zurückzuweisen bzw. die kasachische Führung in Erklärungsnot zu bringen.

Ebendiese Mordvorwürfe werden, wie berichtet, auch einem zweiten Angeklagten, nämlich dem früheren Alijew-Leibwächter Vadim Koshlyak, 42, gemacht. Er bestreitet sie genauso. Der Reihe nach: Als Erster war am Mittwoch, bei Fortsetzung des am Dienstag unter großem Getöse gestarteten Geschworenenprozesses im Straflandesgericht Wien, Mussajew an der Reihe. Bei seiner Befragung durch das Gericht verneinte Mussajew jeden Zusammenhang mit den am 9.Februar 2007 im kasachischen Almaty begangenen Morden an den Bankmanagern Zholdas Timralijew und Aybar Khasenov. Zur Erinnerung: Österreich muss diesen Kriminalfall klären, da es eine Auslieferung der Verdächtigen mit Blick auf die kasachische Menschenrechtslage verweigert. Die Anklage meint, die Morde seien aus finanziellen Motiven begangen worden.

„Mehrere Entlastungszeugen“

Laut Mussajew gebe es „mehrere Personen“, die „bestätigen“ könnten, dass er für die Tatzeit ein Alibi habe. „Ich war in meiner Wohnung“. Er selbst sei – so wie Alijew auch – beim kasachischen Präsidenten, Nursultan Nasarbajew, „in Ungnade gefallen“. – „Wir haben das Vertrauen des Präsidenten verloren.“ Grund dafür: Alijew, einst Schwiegersohn von Nasarbajew, habe ab 2002 eine politische Erneuerung in Kasachstan vorantreiben wollen. Damit sei er zur Zielscheibe des auf Lebenszeit regierenden Präsidenten geworden. Weil der Druck immer größer geworden sei, habe sich Alijew 2007 nach Österreich abgesetzt. Er, Mussajew, sei nachgekommen. Laut Anwalt Martin Mahrer, dem Verteidiger des Ex-Geheimdienstlers, stecke die kasachische Führung hinter den Morden. Sie sollten Alijew in die Schuhe geschoben werden. Das offizielle Kasachstan weist dies freilich zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wien

Mediziner bestätigt Alijew-Suizid

Das nach dem Gefängnistod des kasachischen Ex-Botschafters Rachat Alijew geführte Ermittlungsverfahren wird nicht wieder aufgerollt.
Archivbild: Rachat Alijew
Wien

Ermittlungsverfahren zu Alijew-Tod bleibt eingestellt

Auch ein ergänzendes Gutachten aus St. Gallen liefere "keine Anhaltspunkte für eine Fremdbeteiligung am Ableben", sagt die Staatsanwaltschaft. Der ehemalige kasachische Botschafter Alijew wurde vor zwei Jahren tot in seiner Wiener Gefängniszelle gefunden.
Der Zellentrakt mit jener Zelle, in der Alijew starb.
Österreich

Tod von Alijew: Justiz holt Ergänzungsgutachten ein

Der frühere kasachische Botschafter in Wien war im Februar 2015 tot in seiner Zelle in der Justizanstalt Josefstadt aufgefunden worden.
Archivbild: Die Justizanstalt Josefstadt, in der Rachat Alijew gestorben ist
Wien

Fall Alijew: Neue offene Fragen

Warum löste sich die Versiegelung der Zellentür? Warum bekam der Gutachter nicht alle Unterlagen? Im - offiziell schon abgeschlossenen - Fall Alijew sind Fragezeichen geblieben.
Der Zellentrakt mit jener Zelle, in der Alijew starb.
Wien

Alijew-Tod: Weitere Spekulationen um Mord-Theorie

Ein ehemaliger Gefängnispsychiater zweifelt im ORF-Radio die Suizidthese an un dlenkt den Verdacht auf einen Beamten. Die Justizwachegewerkschaft spricht von "ungeheuerlichen Vorwürfen"

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.