Grüner Kultursprecher tritt aus der Partei aus

(c) Michaela Bruckberger
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„Um wieder kritisch sein zu können“, verlässt der Koalitionsverhandler Klaus Werner-Lobo die Grünen.

Wien. Der Aktivist, Buchautor und grüne Kultursprecher, Klaus Werner-Lobo, setzte am Montag einen spektakulären Schritt. „Ich bin aus der grünen Partei ausgetreten“, teilte der 48-Jährige der „Presse“ mit. Werner-Lobo hatte den Kulturbereich des Koalitionspaktes mit der SPÖ verhandelt. „Ich arbeite wieder als Autor und unabhängiger politischer Aktivist. Aber als parteiunabhängiger Aktivist.“ Nachsatz: „Ich möchte nicht mehr bei einer Partei Mitglied sein.“

Damit trennen sich die Wege des Globalisierungskritikers und jene der Grünen nach fünf Jahren – nachdem Werner-Lobo 2010 als Quereinsteiger für die Grünen in den Gemeinderat eingezogen war. Jene, die meinen, das sei die Revanche, weil Werner-Lobo von den Grünen bei der Listenerstellung im Februar kein Ticket mehr für den Gemeinderat bekam, irren. Immerhin hatte Werner-Lobo auf Bitten der Grünen den gesamten Kulturbereich verhandelt. Dem Vernehmen nach auch deshalb, weil die Grünen für die Verhandlungen über keinen Kulturexperten verfügten. Deshalb sagt Werner-Lobo, der gegenüber der SPÖ ebenso unbequem auftrat wie gegenüber der eigenen Partei: Es sei kein Abschied im Zorn. „Ich will die Freiheit als Aktivist und Journalist wiederhaben, die ich vorher hatte, um wieder kritisch sein zu können.“

Über die vergangenen fünf Jahre als Gemeinderat und Kultursprecher meint er: „Es war eine extrem wichtige Erfahrung, um zu lernen, warum Parteipolitik nicht funktioniert.“ Nachsatz: „Man muss das System verstehen, um es verändern zu können. Aber man kann es nicht von innen verändern.“ Die Ursache darin sieht der Ex-Grüne in den „Systemen innerhalb der Parteien“: Diese würden nach Macht streben und auch Privilegien verteidigen. „Linke Politik besteht aber darin, Privilegien und Macht anzugreifen.“ Das sei ein Systemproblem, das alle Parteien, auch die Grünen, betreffe. Die Zukunft liege deshalb nicht in Parteien, sondern „in ähnlichen Projekten wie sie in Barcelona und Madrid passiert sind“. In Barcelona hat die linke Protest-Wahlbewegung Podemos die Wahl gewonnen – die Aktivistin und ehemalige Hausbesetzerin Ada Colau ist nun Bürgermeisterin. (stu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2015)

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