Surfen, umgeben von Häusern

Matthias Golger (l.) und Andreas Huemer vor der 3 City Wave auf dem Schwarzenbergplatz.
Matthias Golger (l.) und Andreas Huemer vor der 3 City Wave auf dem Schwarzenbergplatz.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit der 3 City Wave gibt es erstmals bis Ende September eine künstliche Standwelle am Wiener Schwarzenbergplatz. Das gefällt sowohl Anfängern als auch erfahrenen Surfern – auch wenn die Nutzung der Anlage ziemlich teuer ist.

Die junge Frau klammert sich etwas verkrampft am Beckenrand fest. Sie hat die Füße bereits auf dem Board, das sie wackelig in der Welle balanciert. Jetzt muss sie aufstehen. Wenige Meter trennen sie von der Stange, die quer über dem Becken liegt und deren Erreichen ein kleines Erfolgserlebnis ist. Wer dort ankommt, kann von sich behaupten, in Wien auf einer Welle geritten zu sein.

Seit vergangener Woche steht ein in Werbebanner und Sponsorenlogos eingewickeltes Gerüstungetüm auf dem Wiener Schwarzenbergplatz. Am Freitag vor einer Woche, dem ersten Betriebstag, stand bereits um 9.30 Uhr in der Früh eine gut zehn Meter lange Schlange vor dem Eingang der Anlage. Sie alle wollten den Ritt auf der künstlichen Welle ausprobieren, die nun erstmals bis Ende September in Wien stehen wird – und die so etwas wie Surffeeling in das Land der Berge bringen soll. Was gar nicht so schlecht funktioniert.

Wer die circa 20 Schritte zur Surfplattform hinaufsteigt (Zusehen ist gratis), der findet sich mit etwas Fantasie tatsächlich in einem Mikrokosmos wieder, der sonst eher an den Ufern der Algarve, Fuerteventuras oder Marokkos zu sehen ist. Entspannte Strand-Popmusik, mehr als 20 Liegestühle und Sessel aus Paletten, die um das Becken stehen, daneben gibt es zwei kleine Bars mit Getränken und Snacks (Surfen macht hungrig) außerdem den Board- und Ausrüstungsverleih, wo sich die angehenden Stadtsurfer in die hautengen Wetsuits zwängen. Junge Männer mit strubbeligen Haaren und Sonnenbrille klatschen sich ab und applaudieren, wenn (erfahrenen) Surfern Tricks gelingen. Sie surfen dafür in einem 7,5 x 17 Meter großen Swimmingpool, aus dessen Vorderwand ständig Wasser schießt. Am ersten Tag hat sich eine erhebliche Anzahl an Flusssurfern eingefunden. Zu ihnen gehört auch Andreas Huemer, der die Standwelle zum ersten Mal ausprobiert: „Die Welle ist auf alle Fälle eine gute Welle. Sie ist auf hohem Niveau surfbar“, erklärt der Mann mit der randlosen Brille und der orange-schwarzen Badehose.

Drei Vereine gibt es mittlerweile, die das Flusssurfen, einen Nischensport in Österreich, propagieren: River Surfing Salzburg, Austrian Riversurfing Association und Rivermates Surfclub Salzkammergut. Wobei sich Letztere in Safety Workshops besonders um das Thema Sicherheit kümmern. Denn das Reiten auf der Flusswelle ist in freier Natur gefährlich. „Man hat ja hinter sich Strudel oder Baumstämme im Fluss“, erklärt ein Surfer. Auch wenn der Fluss verhältnismäßig ruhig aussieht, gebe es oft gefährlich Strömungen, die einen unter Wasser ziehen könnten. Anfängern wird also abgeraten, den Sport allein zu probieren.

Die surfbaren Spots in wilder Natur werden geheim weitergegeben, ein paar sind auf der Website von Rivermates angegeben – ansonsten setzt man auf (künstlich im Fluss geschaffene) Standwellen. In Salzburg gibt es den Almkanal, in Graz kann man in der Mur surfen und in Silz in Tirol wurde die bisher größte künstliche Welle im Inn geschaffen. Glücklich sind die Surfer damit nicht. „Die einzige Welle, die funktioniert, ist die Alm in Salzburg“, sagt Huemer. Die anderen beiden seien de facto nicht surfbar. Für sie brauche es nämlich einen sehr hohen Wasserstand – den es selten gebe.

Warum nicht schon früher? In Wien wird die komplett künstlich geschaffene 3 City Wave daher von der Szene freudig begrüßt. Wenn man auch nicht ganz verstehen kann, warum es bis heute keine Standwelle in Wien gibt. Beim millionenschweren Wildwasserkanal im 22. Bezirk wäre es ein Leichtes gewesen, noch eine künstliche Welle ohne viel Aufwand einzubauen, ist von Surfern vor Ort zu hören – was wiederum zusätzliche Einnahmen für die Anlage bedeutet hätte. Zur Erinnerung: Die Verbund-Wasserarena, wie das Areal offiziell heißt, hat statt 2,7 Millionen 4,8 Millionen Euro gekostet. So nimmt man mit dem künstlichen Pendant vorlieb, dessen hohe Stromkosten die Grünen im Vorfeld kritisierten.

Freilich, das Surfen in der Stadt hat auch Charme. „Es ist genial, wenn du auf der Welle stehst und rund um dich herum Häuser sind“, sagt etwa Matthias Golger, der selbst begeisterter Surfer ist – allerdings am Meer. „Der Einstieg ist total ungewohnt, weil man sich hinsetzen muss“, sagt er.

Überhaupt muss der Meeressurfer auf der Flusswelle umdenken. „Es ist alles seitenverkehrt. Das Wasser kommt von vorn und nicht von hinten und auch das Board muss man umgekehrt belasten.“ Einmal im Monat will der Wiener in Zukunft auf der Stadtwelle reiten. „Das Meer kann es freilich auf gar keinen Fall ersetzen. Das ist schon Freiheit“, fügt er hinzu.

39 Euro für ein paar Minuten. So sieht es auch Huemer, der allerdings nicht vorhat, oft wiederzukommen. Was am Preis liegt. 39 Euro kostet der Ritt für 50 Minuten, den man sich mit maximal 12 anderen Personen teilt. Macht im Schnitt gerade einmal vier Minuten pro Person, wobei mehrere Anfänger auch nebeneinander surfen können. „Mir ist es das nicht wert. Für jeden, der es ausprobieren will, ist es super. Aber für jemanden, der dort Fortschritte machen will, ist es unleistbar“, sagt Huemer.

Bei den Veranstaltern ist man ohnehin bemüht, Anfänger zu lukrieren. Es gibt Kindercamps im Sommer und Einführungskurse, bei denen eben auch eine Stange übers Becken gelegt wird, damit sich die Anfänger festhalten können. Das junge Mädchen, das sich anfangs an den Beckenrand geklammert hat, schafft es so innerhalb kurzer Zeit, aufzustehen und in die Mitte der Welle zu surfen.

3 City Wave

39 Euro kostet der Ritt auf der Flusswelle für 50 Minuten – inklusive Board und Helm.

Die Flusswelle ist sowohl für totale Anfänger als auch für Profis geeignet. Für Anfänger wird eine Stange über das Becken gelegt.

Im Juli und August gibt es Kindercamps. Die Kinder können ab acht Jahren surfen.

Zusehen ist gratis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2016)

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