Woran es in neuen Grätzeln hakt

Die Seestadt Aspern in der Donaustadt ist eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas.
Die Seestadt Aspern in der Donaustadt ist eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In Wien entstehen riesige neue Stadtteile. Wer die Bewohner sind, was sie sich wünschen, und was in den neuen Grätzeln noch nicht klappt, wurde in einer Studie erhoben.

Wien. Kaum eine europäische Stadt wächst so schnell wie Wien – in den vergangenen Jahren wurden ganze Stadtteile aus dem Boden gestampft, die teilweise größer als bestehende Bezirke sind. Die neuen Bewohner sind grundsätzlich recht zufrieden – das ergibt eine aktuelle Teilstudie der MA 18 und MA 50 für die 1600 Haushalte aus fünf Stadterweiterungsgebieten (Nordbahnhof, Sonnwendviertel, Mautner-Markhof-Gründe, Seestadt Aspern und Cluster Liesing) interviewt wurden. Die gesamte Studie zur Wohnzufriedenheit in Wien soll Anfang September präsentiert werden. In manchen Bereichen wie Mietpreisgestaltung, Mobilität oder Angebot von Supermärkten oder Lokalen sehen die Befragten aber noch deutlichen Verbesserungsbedarf.

Die Bewohner: Die Befragung zeigt, dass ein großer Teil der Bewohner der neuen Stadtgebiete schon vorher im selben oder einem nahe gelegenen Bezirk gewohnt hat. So haben rund 42 Prozent der Seestädter vorher schon in der Donaustadt oder in Floridsdorf gewohnt – rund 41 Prozent arbeiten auch dort. In die zentraleren Stadtentwicklungsgebiete Nordbahnhof (Leopoldstadt) und Sonnwendviertel (Favoriten) zogen im Gegensatz zu den anderen Gebieten überproportional viele, die vorher in den Innenstadtbezirken 1 bis 9 gewohnt haben. Am Nordbahnhof sind das fast die Hälfte der Bewohner.

Die Wohnung: In allen fünf Neubaugebieten sind die Bewohner insgesamt sehr zufrieden mit ihren Wohnungen (83 bis 90 Prozent). Unterschiede zeigen sich bei Detailfragen. Während man etwa mit der Größe der Wohnung eigentlich in allen Gebieten zufrieden ist, gilt das nicht für die Miete, die dafür verlangt wird. Bei den Mautner-Markhof-Gründen in Simmering gaben nur knapp über 40 Prozent an, mit der Preisgestaltung zufrieden zu sein. Auch in der Seestadt Aspern sind es weniger als 60 Prozent, die die Mietpreise gerechtfertigt finden. Was die Zufriedenheit mit Gemeinschaftsräumen und Kinderspielplätzen angeht, schneidet der Cluster Liesing am schlechtesten ab (40 Prozent) – die Zufriedenheit im Sonnwendviertel in Favoriten ist dagegen sehr hoch (knapp 80 Prozent).


Die Wohnumgebung: Die Zufriedenheit mit der Wohnumgebung ist allgemein auf hohem Niveau (89–99 Prozent), allerdings gibt es auch hier in Detailfragen große Unterschiede, etwa beim Angebot für sportliche Betätigung. Während rund 80 Prozent der Bewohner des Sonnwendviertels damit sehr zufrieden sind, sind es in der Seestadt Aspern weniger als 40 Prozent. Ähnlich sieht es bei den Supermärkten in Gehweite aus: Am Nordbahnhof und in Liesing sind 90 Prozent der Bewohner damit durchaus zufrieden, in Aspern sind es wieder weniger als 40 Prozent. Besonders gut schneidet übrigens keines der Stadtentwicklungsgebiete ab, wenn es um Restaurants und Lokale in der Nähe geht. Knapp die Hälfte der Bewohner findet das Angebot unzureichend.


Die Mobilität: Auch im Bereich Mobilität gibt es große Unterschiede zwischen den neuen Grätzeln. Vergleichsweise hoch ist die Zufriedenheit in den beiden zentraler gelegenen Gebieten Nordbahnhof und Sonnwendviertel. 84 beziehungsweise 89 Prozent der Befragten gaben an, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (sehr) zufrieden zu sein. In der Seestadt Aspern sieht das schon anders aus: Trotz U-Bahn-Anschlusses gaben nur 60 Prozent an, mit dem Angebot zufrieden zu sein. Die Stadt hat schon einen ersten Schritt zur Verbesserung angekündigt. Ab September soll jeder Zug der U2 nach Aspern fahren – bisher fährt nur jeder zweite so weit. Das löst aber das Problem nicht, dass vor allem im neuen Grätzel selbst großer Bedarf nach weiteren Anbindungen besteht.

Noch geringer ist in der Seestadt übrigens die Zufriedenheit beim Thema Parkplätze. Die Anzahl und Kosten der Garagenplätze sowie mangelnde Kurzparkmöglichkeiten werden kritisiert. Auch im Sonnwendviertel wurde das Bedürfnis nach mehr Kurzparkplätzen artikuliert. Interessant ist auch, dass in den drei Gebieten Nordbahnhof, Sonnwendviertel und Mautner-Markhof-Gründe bis zu 89 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass man hier kein eigenes Auto braucht. In der Seestadt Aspern beträgt der Anteil 53 Prozent.


Die Wünsche: Am Nordbahnhof wünschen sich die Befragten vor allem mehr leistbare Lokale und andere Geschäfte. Auf den Mautner-Markhof-Gründen hat man eigentlich keine brennenden Wünsche. In der Seestadt Aspern und im Sonnwendviertel werden mehr Supermärkte sowie mehr und billigere Parkmöglichkeiten, andere Geschäfte und mehr Lokale gewünscht. In Aspern will man mehr und bessere öffentliche Verkehrsmittel – ebenso in Liesing. Dort will man außerdem mehr Cafés und Restaurants.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2017)

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