Der zweifache Olympiasieger war monatelang untergetaucht, nachdem er nicht zu einem Prozess in Wien erschienen war. Dem 57-Jährigen wird Missbrauch Unmündiger vorgeworfen.
Peter Seisenbacher ist gefasst. Der zweifache Judo-Olympiasieger, dem mehrfacher sexueller Missbrauch Unmündiger vorgeworfen wird, wurde Dienstagmittag in Kiew verhaftet. Die ukrainische Polizei stellte ihn in seiner Wohnung. Bernhard Lehofer, der Anwalt des 57-Jährigen, bestätigt im Gespräch mit der „Presse“ die Verhaftung. „Ich bin mit ihm in Kontakt. Und es gibt in Kiew einen Anwalt, der momentan für ihn da ist.“ Es sei sein erster Kontakt mit Seisenbacher gewesen, seit der im vergangenen Dezember untergetaucht war.
Der frühere Spitzensportler war am 19. Dezember unentschuldigt nicht zu seiner Verhandlung im Wiener Landesgericht erschienen. Wenige Stunden nach dem geplatzten Prozess erging eine Festnahmeanordnung und ein Haftbefehl – was damals allerdings nicht gleich öffentlich gemacht worden war. „Aus kriminaltaktischen Gründen und um die Fahndung nicht zu behindern“, hatte es damals geheißen. Mitte Jänner ging die Justiz allerdings dann doch an die Öffentlichkeit. Allein, Peter Seisenbacher war untergetaucht. Und nicht einmal sein Anwalt wusste, wo sich sein Mandant gerade aufhielt.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat nun bereits die Anträge auf Auslieferung des 57-Jährigen nach Österreich an die ukrainischen Behörden gestellt, ließ Sprecherin Christina Salzborn Dienstagabend per Aussendung wissen. Ein neuer Termin für die Verhandlung gegen Seisenbacher werde nach der tatsächlichen Auslieferung festgesetzt.
„War allein in seiner Wohnung“
Der Verhaftung waren monatelange Ermittlungen vorangegangen. Wobei sich schon bald zeigte, dass man ihn wohl am ehesten in Osteuropa finden würde – konkret in Georgien und eben der Ukraine. Mit ein Grund dafür war, dass er zuvor Trainer der Judo-Mannschaft von Aserbaidschan war. Und schon bald waren Meldungen aufgetaucht, dass er sich aus der Kaukasusrepublik abgesetzt haben soll. Allein, die Justiz hielt sich zu einer möglichen Fluchtroute lange bedeckt.
„Wir haben schon bei der Erstmeldung gesagt, dass sich die Suche auf diese Länder konzentriert hat“, sagt hingegen Silvia Kahn, Sprecherin des Bundeskriminalamts im Gespräch mit der „Presse“. Man habe dann auch gleich mit der Polizei und den Behörden vor Ort Kontakt aufgenommen. Schon vor einigen Wochen hatte man hinter vorgehaltener Hand Andeutungen gemacht, dass es hier bald zu einem Fahndungserfolg kommen könnte. Am Dienstag um 12.30 Uhr kam es schließlich in Kiew zur Festnahme.
„Er war alleine in seiner Mietwohnung und hat sich ohne Widerstand festnehmen lassen“, sagt Kahn. Österreichische Kollegen seien bei der Amtshandlung in Kiew nicht dabei gewesen. „Aber die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Kollegen hat wunderbar funktioniert.“ Auch Staatsanwaltschafts-Sprecherin Salzborn hob die gute Zusammenarbeit mit den Justiz- und Polizeibehörden in der Ukraine und Georgien hervor. Eine wichtige Rolle dabei hätten auch die in Kiew und Tiflis stationierten Verbindungsbeamten gespielt, die zwischen Bundeskriminalamt, Landesgericht für Strafsachen und den örtlichen Behörden koordinierten.
Der Fall Seisenbacher ist einer der spektakulärsten Justizfälle der jüngsten Zeit, vor allem wegen seiner Prominenz. Immerhin hatte er 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles Gold geholt und seinen Titel 1988 in Seoul verteidigt. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere soll Seisenbacher, so die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, als Trainer in seinem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben.
Bis zu zehn Jahre Haft drohen
Eine weitere Jugendliche wehrte ihn laut Anklage ab, als er zudringlich wurde – die Staatsanwaltschaft hat das als versuchten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses angeklagt. Die Strafdrohung beträgt ein bis zehn Jahre Haft. Seisenbacher hat sich zu den Anschuldigungen bisher nicht öffentlich geäußert hat. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Was Seisenbacher vorgeworfen wird
Die Staatsanwaltschaft Wien legt dem Angeklagten zur Last zwischen 1997 und 2004 als Judotrainer und ihr Betreuer an drei damals minderjährigen Mädchen sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben, sie wirft ihm schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen und den Missbrauch des Autoritätsverhältnisses vor, die Strafdrohung beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Zum ersten Hauptverhandlungstermin im Dezember 2016 war der Angeklagte unentschuldigt nicht erschienen, weshalb noch am selben Tag eine Festnahmeanordung erlassen und weltweit intensive Fahndungsmaßnahmen veranlasst wurden. Für Seisenbacher gilt die Unschuldsvermutung. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.
>>> Personenfahndung des Bundeskriminalamt
(eko/APA/DPA)