Doch ein VinziDorf für Wien

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In Hetzendorf startet der Bau eines VinziDorfes, in das in einem Jahr 24 alkoholkranke Obdachlose einziehen sollen. Damit endet ein mühseliges Ringen um ein Quartier in Wien, das 15 Jahre gedauert hat.

Wien. Pater Wolfgang Pucher sagt, er glaube es selbst kaum, dass es nun tatsächlich losgehe. Schließlich seien diesem Spatenstich in Hetzendorf nicht weniger als 15 Jahre der Suche, der Konflikte mit Anrainern und Politik, des Scheiterns von vielen Plänen und des Rechtsstreits vorausgegangen.

Aber, bevor es um die mühsame Geschichte geht, zu dem, was nun gelungen ist: An der Adresse Hetzendorfer Straße 117 (Ecke Boergasse) wird ab sofort an Wiens erstem VinziDorf gebaut. Nach den Plänen des Architekturbüros gaupenraub+/- entstehen Wohnmodule („Container“ solle man nicht dazu sagen) für 16 Menschen. Dazu Wohneinheiten für acht Personen samt Aufenthaltsbereichen in einem bestehenden Gebäude, das schon als Wohnraum genutzt wurde und zuvor ein Stall war: Es gehörte zum Marianneum, dem Exerzitien- und Bildungshaus der Lazaristen mit angeschlossener Kirche, das sich an dieser Adresse befindet, und auf dessen Areal das VinziDorf entsteht. Eigentümer sind die Lazaristen (dem Orden gehört auch Pucher an), die Vinzenz Gemeinschaft mietet das Areal.

In einem Jahr sollen 24 Männer einziehen. Pucher spricht von denjenigen, die sonst niemand aufnimmt: Schwer Alkoholkranke, nicht mehr therapierbar, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben, aber anderswo aus irgendeinem Grund kein Quartier finden. Sei es wegen Alkoholkonsums, weil sie nicht anspruchsberechtigt sind oder wegen ihres Verhaltens anderswo nicht unterkommen.

Bei diesen Menschen ortet Pucher einen großen Versorgungsengpass in Wien: „Es heißt immer, es gebe Angebote, aber manchen Leuten könne man nicht helfen, weil sie freiwillig so leben wollen“, sagt er, erinnert an die beiden Obdachlosen, die vorigen Winter in Wien bei einem Brand ums Leben gekommen sind. „Ein Skandal, so etwas darf es in so einem reichen Land nicht geben“, sagt Pucher. „Es gibt Leute, die will keiner. Zu sagen, die wollen keine Hilfe, ist eine Schutzbehauptung.“ In Wien gebe es Angebote, aber nicht immer die richtigen: Für Ausländer etwa, die in Einrichtungen des Fonds Soziales Wien (FSW) keine Ansprüche haben oder Obdachlose, deren Verhalten in anderen Einrichtungen nicht toleriert wird.

Mehr Widerstand als in Graz

In Graz wurde vor 24 Jahren für solche Fälle ein erstes VinziDorf eröffnet. Die Pläne für ein Dorf in Wien entstanden vor 15 Jahren, man hätte auch etliche Orte gefunden, aber obwohl sich sogar der damalige Bundespräsident Heinz Fischer dafür eingesetzt habe, wurden alle verhindert. „Wir haben schon sieben Grundstücke in Wien beplant“, sagt Architekt Alexander Hagner. Am Donaukanal etwa oder in Aspern. In Aspern, so Hagner, hätten aus Protest 1200 Menschen mit ihrem Austritt aus der Kirche gedroht. Der Bau in Hetzendorf sei der letzte Versuch gewesen, auch der sei beinahe am Widerstand durch Anrainer gescheitert. Nach unzähligen Einsprüchen gegen die Pläne, etlichen Abänderungen dieser und letztlich sieben Einreichungen erteilte das Verwaltungsgericht schließlich die Bauerlaubnis.

Eine unglaubliche Freude, sagt Pucher, schließlich sei er in Wien an viele Widerstände gestoßen – viel mehr als in Graz: Politisch tue man sich schwerer, auch zum FSW, zu Wiens Koordinationsstelle für die Wohnungslosenhilfe, sei das Verhältnis nicht friktionsfrei. „Wir sind zwar Zwerge, aber wir zeigen Mängel im FSW auf“, sagt Pucher. „Wir mussten FSW und Caritas lange unter Druck setzen, damit es endlich ein Winterpaket auch für Ausländer gibt“, so Pucher. Trotzdem sind, während das Projekt Dorf dauerte, in Wien indes VinziRast, VinziBett, VinziMarkt, VinziPort, VinziTreff und VinziShop entstanden. Das Dorf wird nun laut Plan im September 2018 eröffnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2017)

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