Vier Jahre Haft für 16-Jährige, die wegen Mordes ins Gefängnis wollte

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SymbolbildClemens Fabry / Die Presse
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Eine 16-jährige Tschetschenin hatte vor, eine x-beliebige Person zu töten - und attackierte in Wien-Neubau eine 22-jährige Studentin.

Ihre Mutter soll zu der 16-jährigen Schülerin S. gesagt haben: „Du bist eine Strafe Allahs.“ Und zwar weil sich die 16-Jährige im Rahmen eines Scheidungskriegs auf die Seite ihres Vaters gestellt hatte. Um dem Zusammenleben mit der Mutter zu entgehen, entschloss sich die unter den Streitigkeiten leidende Jugendliche dazu, eine Straftat zu verüben – eine Tat, die sie ins Gefängnis bringen sollte. Tatsächlich attackierte S. im April dieses Jahres eine 22-jährige Studentin, die in Wien-Neubau auf einer Parkbank lag und gerade telefonierte.

Das völlig überraschte Opfer erlitt mehrere Messerstiche in den Oberkörper. Der Studentin gelang es, sich aufzurichten. Sie trat die Flucht an, wurde von der 16-jährigen, aus Tschetschenien stammenden Jugendlichen mit gezücktem Messer verfolgt, konnte sich aber dank der Hilfe von Passanten in Sicherheit bringen. S. stand am Dienstag wegen versuchten Mordes vor Gericht.

Die Staatsanwältin erklärte in ihrem Eröffnungsvortrag, S. habe kurz vor der Bluttat Worte wie „tödliche Stiche“, „erdolchen“ „Jugendstrafrecht“ oder auch „Jugendgefängnisse“ gegoogelt. Ein bitteres Detail: Die Studentin hatte gerade an einer Arbeit zum Thema „Migration und Freiraumgestaltung“ gearbeitet. Dazu hatte sie Wiener Parks aufgesucht und entsprechende Kontakte zu Flüchtlingen gepflegt.

Opfer in akuter Lebensgefahr

Die 22-Jährige ist seit der Tat schwer traumatisiert. Sie überlebte nur mit viel Glück, da durch die Stiche ein Lungenflügel kollabierte und die Gefahr bestand, dass die Atmung aussetzt.

Die Angeklagte erklärte nun, sie wolle sich beim Opfer entschuldigen, künftig wolle sie lieber beim Vater leben, als ins Gefängnis zu kommen. Ihr Anwalt Rudolf Mayer: „Sie wünschte, es wäre nie passiert.“

Einstimmiges Geschworenen-Urteil

Die Jugendliche wurde schließlich zu vier Jahren Haft verurteilt. Die Geschworenen stimmten mit 8:0 Stimmen für Mordversuch. Während die Angeklagte, die sich bei der Urteilsverkündung kaum auf den Beinen halten konnte, das Urteil annahm, gab die Staatsanwaltschaft keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Mildernd wurden das reumütige Geständnis, das bisher tadellose Leben der Jugendlichen, dass es beim Versuch geblieben ist sowie die ungünstigen Erziehungsverhältnisse gewertet. Ausschlaggebend für das milde Urteil - der Strafrahmen lag bei ein bis 15 Jahren - war auch, dass das Mädchen zum Tatzeitpunkt erst knapp 16 Jahre alt war. Erschwerend war laut dem Richter die heimtückische Begehungsweise.

(m. s.)

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