Anrainerparken: Bürgerbefragung startet

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der erste Bezirk lässt die Bewohner darüber abstimmen, ob Anrainerparkplätze tagsüber auch für Unternehmen und Sozialdienste nutzbar sein sollen. Die Josefstadt will wiederum die Volksanwaltschaft einschalten.

Wien. Rund 15.000 Briefe hat die Bezirksvorstehung Innere Stadt am Montag aufgegeben. Der Inhalt: der Stimmzettel für die Bürgerbefragung über die Zukunft der Anrainerparkplätze im ersten Bezirk.

Ab Dienstag bis inklusive 22. Jänner (Datum des Poststempels) können Bewohner des ersten Bezirks, sofern sie hier ihren Hauptwohnsitz haben, darüber abstimmen, wie – und vor allem von wem – die Anrainerparkplätze, die 20 Prozent des Parkraums ausmachen, im Bezirk künftig tagsüber genutzt werden. Abgestimmt wird über zwei Szenarien. Das erste entspricht dem Status quo: Die 1540 Anrainerparkplätze wären dabei so wie derzeit rund um die Uhr nur für Anrainer – sofern ihr Auto das Parkpickerl hat – reserviert. Oder, Szenario zwei: Tagsüber von acht bis 16 Uhr sollen die Anrainerparkplätze auch von Wirtschaftstreibenden – Handwerkern etwa, die im Bezirk zu tun haben – und Fahrzeugen von Sozialunternehmen wie dem Fonds Soziales Wien genutzt werden können.

Zweitere Idee stammt von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne), die vor rund einem halben Jahr überraschend angekündigt hat, die Anrainerparkplätze tagsüber auch für alle anderen Autofahrer öffnen zu wollen. Ein Vorschlag, der nicht nur, aber besonders im ersten Bezirk vorsichtig formuliert auf wenig Begeisterung gestoßen ist. Es folgten einige ergebnislose Gesprächsrunden. Kurz vor Weihnachten brachte Vassilakou dann einen Kompromiss ins Spiel: Nicht alle Autofahrer sollen tagsüber die Anrainerparkplätze nutzen dürfen, sondern nur Wirtschaftstreibende mit dem Unternehmerparkpickerl (das derzeit wienweit rund 15.000 Fahrzeuge haben) und Fahrzeuge des Fonds Sozialen Wiens und anderer Sozialeinrichtungen.

Volksanwalt soll prüfen

Auch dieser Kompromiss kam im ersten Bezirk nicht an – alle Fraktionen beschlossen einstimmig, die Bewohner zu befragen. Für Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) ist das Ergebnis jedenfalls „bindend“. Im Büro von Maria Vassilakou, als Stadträtin auch für Bürgerbeteiligung zuständig, kritisiert man die Bürgerbefragung. Konkret, dass nur die Bewohner, nicht aber die Unternehmer mitstimmen dürfen: „Es ist enttäuschend, dass Bezirksvorsteher Figl die Probleme der Wiener Handwerksbetriebe ignoriert und diese von der Befragung ausschließt. Es ist wichtig, beide Seiten zu hören.“

Auch in der Josefstadt hält man von Vassilakous Plan, die Anrainerparkplätze tagsüber für andere Autofahrer zu öffnen, wenig. „Es ist fahrlässig, die bestehende Regelung, die sehr gut funktioniert, zu ändern und wieder viel Geld in die Hand zu nehmen“, sagt Bezirksvorsteherin Veronika Mickel (ÖVP). Die Anrainerparkplätze seien auch tagsüber – wie in der Inneren Stadt – sehr stark ausgelastet, daher sei eine Öffnung nicht sinnvoll. Eine Bürgerbefragung plant Mickel aber nicht – sie will vielmehr die Volksanwaltschaft einschalten, sobald die Verordnung schriftlich vorliegt. „Eine teilweise Öffnung für einzelne Verkehrsteilnehmer ist rechtlich nicht möglich“, ist Mickel überzeugt.

Auch im neunten Bezirk lehnt man Vassilakous Vorstoß ab. Man wolle zunächst das Ergebnis der Befragung im ersten Bezirk abwarten und dann weitere Schritte überlegen, heißt es aus dem Büro von Bezirksvorsteherin Martina Malyar (SPÖ). (mpm)

Anrainerparkplätze

20 Prozent des Parkraums können Bezirke für Anrainer reservieren, sofern die Parkplätze mindestens zu 90 Prozent ausgelastet sind. Bisher waren die Parkplätze rund um die Uhr für Bewohner reserviert – Verkehrsstadträtin Vassilakou will sie nun aber tagsüber auch für Wirtschaftstreibende und Sozialunternehmen öffnen. Der erste Bezirk befragt nun die Bewohner dazu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2018)

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