Flakturm als Datencenter? Grüne protestieren

FLAKTURM IM WIENER ARENBERGPARK
FLAKTURM IM WIENER ARENBERGPARK(c) APA/MARTIN FICHTER (Martin Fichter)
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Der Turm im Arenbergpark sei der einzige, der auch im Inneren noch großteils erhalten ist, heißt es. Er soll zu einem Datencenter umgebaut werden. Die Stadt verteidigt das Projekt.

Einer der beiden Flaktürme im Wiener Arenbergpark könnte nach derzeitigen Plänen der Stadt in ein Datencenter umgewandelt werden. Die Grünen haben am Montag gegen das Vorhaben protestiert und fordern den Erhalt des Kriegsrelikts als Gedenkstätte. "Der Schrecken des Krieges ist hier räumlich erlebbar", umriss Planungssprecherin Sabine Gretner den Raumeindruck. Schließlich sei der betreffende Leitturm der einzige der sechs Wiener Flaktürme, der auch im Inneren noch weitgehend historisch erhalten sei, unterstrich Heidemarie Uhl von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Die Berliner und Hamburger Bauwerke seien abgetragen oder zerstört worden, weshalb der Erhalt des 39 Meter hohen Arenbergpark-Flakturms in seiner jetzigen Form europäische Dimensionen habe, so Uhl. Die Flaktürme seien einerseits autoritäre Bauwerke aus dem Geist der NS-Herrschaft und andererseits Mahnmale für die Zwangsarbeiter, durch deren Ausbeutung der Bau ermöglicht wurde, pflichtete auch Ute Bauer vom Interdisziplinären Forschungszentrum Architektur und Geschichte bei. Diese Zwangsarbeiter hätten sich an den Innenwänden des Turms mit Graffiti verewigt, die durch massive Umbauten zu einem Datencenter gefährdet seien. Ihre Funktion als Luftschutzbunker im Weltkrieg sei bei den Flaktürmen bestenfalls ein Nebeneffekt gewesen. Vornehmlich seien es "Propagandabauten" gewesen, die nach dem Krieg in Heldendenkmäler hätten umgestaltet werden sollen, so Bauer.

"Operettenseligkeit"

"Die Stadt wird in einer ahistorischen Glocke als Disneyland ohne historische Wunden gehalten - eine Operettenseligkeit breitet sich aus", konstatierte der Architekturtheoretiker Jan Tabor. Und dies sei von der Regierung gewollt - weder Zufall noch Dummheit. Man konzentriere sich wie bei Potemkin'schen Dörfern auf den Fassadismus, ohne das Innenleben der Bauten zu erhalten.

Aus diesem Grunde fordern die Grünen einen Runden Tisch aus Stadt, Denkmalamt und Wissenschaftern. Ziel sei, im Flakturm Führungen anzubieten, wofür ob des guten Erhaltungszustands nur eine Beleuchtung installiert werden müsste. Eine NS-Gedenkstätte sei gerade jetzt, "da einige Parteien knapp an der Wiederbetätigung kratzen", von enormer Bedeutung für die Aufklärung der Jugend, so Gretner: "Ein Datencenter kann dagegen in einem x-beliebigen Industriebau sein."

Stadt bestätigt Verhandlungen

Im zuständigen Ressort von Stadtrat Michael Ludwig (SPÖ) bestätigt man, dass man derzeit mit einem potenziellen Datencenterbetreiber verhandle. Eine Vorbesichtigung habe bereits stattgefunden, welche die grundsätzliche Eignung der Räume als Datenträgerlager erbracht habe. Dabei rede man nur über eine Vermietung, nicht einen Verkauf.

Es stelle sich bei den brachliegenden Kriegsrelikten immer die Frage der Nutzung und wie eine solche finanzierbar sei. Bei einem Datencenter habe man den Vorteil, dass es keine großen Umbauarbeiten geben müsse, die dem Denkmalschutz widersprächen - anders als die Grünen dies bezüglich Stromaggregaten oder Zulieferverkehr prognostizierten. "Diese Befürchtungen können wir nicht teilen", so ein Ludwig-Sprecher. Es gehe um eine "Haus im Haus"-Lösung, bei der die Einbauten in die bestehende Hülle gesetzt würden.

Den Namen des potenziellen Betreibers könne man derzeit noch nicht nennen, es handle sich aber nicht um Datencenter Vienna (DCV), das sich lange vergeblich um ein ähnliches Projekt im Augarten-Flakturm bemüht hatte, der in der Verwaltung der Burghauptmannschaft steht. Man hoffe jedenfalls, noch im ersten Halbjahr ein fertiges Konzept präsentieren zu können.

(APA)

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