Wie Wien die Leihräder vertreibt

Die gelben Ofos bleiben (vorerst) in voller Zahl – die gelb-grauen OBikes aber werden nun in Wien drastisch reduziert.
Die gelben Ofos bleiben (vorerst) in voller Zahl – die gelb-grauen OBikes aber werden nun in Wien drastisch reduziert.APA/HERBERT NEUBAUER
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OBike zieht hunderte Räder aus Wien ab, weil zu viele bei Vandalenakten ruiniert wurden. Die Stadt legt den Billigradanbietern zum Saisonstart strenge Regeln auf.

Wien. „Bike-Unsinn“, „Park-Chaos“, „gelbe Räder-Invasion“. Es hat nicht lange gedauert, bis die Massen an Billig-Leihrädern nach dem Start für Ärger gesorgt haben. Nicht nur in Wien. Der Hass auf die Räder hat sich fast ebenso schnell verbreitet wie die Bikes selber, die voriges Jahr zu tausenden von Melbourne bis Madrid aufgestellt wurden. Das Feindbild OBike wurde zum Online-Trend. Insta-gram-Accounts wie „sad?obikes“ sammeln zum Beispiel Bilder ramponierter Bikes aus aller Welt.

Wie der Räder Herr werden? Der vielen beschädigten Räder, die anarchisch kreuz und quer in der Stadt stehen, in Flüsse geschmissen werden oder auf Grünflächen liegen? Das Problem ging soweit, dass es im Dezember zu einer Kollision (inklusive erheblichem Sachschaden, aber ohne Verletzten) kam, nachdem Jugendliche ein Rad auf die Schienen der U4 geworfen hatten.

Regeln gab es bisher kaum, aber über den Winter war es ohnehin eher ruhig in Sachen Billigräder. Die Anbieter hatten große Teile ihrer Flotten eingewintert. Nun zieht einer der beiden großen, OBike, einen Teil der riesigen Flotte freiwillig ab. OBike reduziert in Wien um 800 Räder, damit bleiben noch 1000 OBikes. Grund sei Vandalismus, der hohe Kosten verursache und die Nutzung ineffizient mache. Oft wurden die „Smart-Locks'“ die digitalen Zugangsboxen an den Rädern, beschädigt, damit konnten diese nicht mehr geortet werden, teilt das Unternehmen aus Singapur mit.

Eine Wienerische Lösung?

Der chinesische Anbieter „Ofo“, die zweite große Nummer auf diesem Markt, hat Ende 2017 seine Flotte in Wien ebenfalls reduziert – die 500 der 700 Räder wurden aber nur eingewintert und sollen demnächst wieder aufgestellt werden. Eine dauerhafte Reduktion sei trotz allem noch nicht angedacht.

Vertreiben die Wiener die bisher ungeliebten Räder via Vandalismus nicht ohnehin? Schlägt der Wiener kaputt, was die althergebrachte Ordnung stört, denn Neues brauche man nicht? So wird bei Online-Debatten diskutiert. Aber auch, wenn die Sache mit den mutwillig ruinierten Asia-Rädern zu derlei Analysen verleitet, ganz so Wienerisch ist das alles nicht.

Zu schnell, zu viele, zu billig

Auch in München startet OBike in einer Woche das große Einsammeln. Dort sollen laut Plan 6000 der knapp 7000 OBikes eingezogen werden. Denn auch dort hatten sich viele über die Masse an (teils kaputten) Rädern, die in der Stadt herumstehen und die mangelhafte Qualität der (schweren und nur in einem Gang zu fahrenden) Räder beklagt. Und auch in München wurden, so der Anbieter, zu viele Räder mutwillig zerstört als dass sich das Geschäft rentiert hätte. Zu hohe Reparaturkosten, zu viel Wartungsaufwand – und viel schlechte Stimmung auch in Bayern. Die Entscheidung, heißt es, falle aus wirtschaftlichen Gründen. Die Räder, die in München eingezogen werden, sollen in anderen Städten verwendet werden.

In Wien wohl eher nicht – denn hier gilt, neben dem freiwilligen Rückzug, bald auch ein strenges Reglement für die stationslosen Leihräder. Zum Saisonstart hat die Stadt jüngst ein Regelwerk für die Räder vorgestellt: Pro Anbieter gilt eine Höchstzahl von 1500 Rädern. Defekte oder rechtswidrig abgestellte Räder müssen binnen vier Stunden (an Wochenenden zwölf Stunden) abgeholt werden. Geschieht dies nicht, wird das kostenpflichtig von der Stadt erledigt (und mitunter eine Pönale von bis zu 700 Euro verrechnet).

Die Verleihfirmen selbst müssen außerdem einen Firmensitz in Wien sowie eine Servicehotline haben. Die Bikes müssen auch akkreditiert werden – das heißt, jedes Rad wird mit einer Nummer registriert und mit einer Service-Telefonnummer versehen. Wie die Überwachung funktioniert ist noch nicht klar, in Kraft treten sollen die Regeln Anfang Mai. Denn, richtig eingesetzt, könnten diese Räder eine Bereicherung sein, so Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne). Die Probleme des vorigen Jahres wolle man so vermeiden.

Zurück an den Start

Das Reglement und die drohenden Strafen, spielen wohl mit dem Rückzug zusammen. Auch wenn der, wie gesagt, vor allem wirtschaftliche Gründe habe. Für den rasant-anarchischen Markteintritt und die Expansionspläne, mit denen die Asiaten voriges Jahr in Europa gestartet sind, heißt es damit: Zurück an den Start. Und, zurück zu einer verträglicheren Expansion mit weniger Rädern und besserem Service. Und, so hoffen die Anbieter, weniger Hass auf die Bikes aus Fernost.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2018)

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