Alkoholverbot: Ein letztes Bier am Praterstern

Ein Bild aus dem "PolizeiS"-Projektentwurf
Ein Bild aus dem "PolizeiS"-Projektentwurf (c) Markus Hofer
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Eine Facebook-Gruppe ruft zu einem letzten Bier am Praterstern auf. Die Künstlerplattform philomena + will den ungeliebten Bahnhof mit künstlerischen Aktionen in ein positiveres Licht rücken.

Wien. Fast 2000 Menschen zeigen sich interessiert, mehr als 360 wollen – angeblich – dem Aufruf folgen: Eine Facebook-Gruppe („Letzter Tag saufen am Praterstern“) hat dazu aufgerufen am Donnerstag, ab 15 Uhr „nochmal mit einer gepflegten Hüsn“ das zu tun, was ab Freitag verboten sein wird: Alkohol am Praterstern zu trinken.

Eine spontane Reaktion auf das nicht unumstrittene Alkoholverbot also. Schon gestern, Dienstag, fand am Praterstern vor der ehemaligen Polizeistation eine künstlerische Intervention statt, die man ebenfalls als spontane Aktion deuten könnte: Der Bildhauer Markus Hofer hat am Nachmittag Eis in den Farben der Polizei – rot, weiß und blau – an Passanten verteilt.

Der Schriftzug des Eisstandes ist dem der Polizei nachempfunden und wurde um ein „S“ ergänzt: „PolizeiS“ ist auch der Name des Projekts, das schon vor Längerem geplant wurde und Teil der „Prater Stern Stunden“ ist: Mit dieser Kunstaktion wird die Plattform philomena + den Praterstern von April bis Juli mit künstlerischen Aktionen bespielen. Hintergedanke, sagt Kuratorin Christine Bruckbauer, sei es, den negativ konnotierten Angstraum anders und vor allem positiver wahrzunehmen. „Der Praterstern wird nur noch mit Gewalt und Kriminalität in Verbindung gebracht“, sagt Bruckbauer, mit den Kunstaktionen will man zeigen, dass der ungeliebte Bahnhof auch mehr sein kann.

Hafenmeister am Bahnhof

Eis statt Verbote also: Die „PolizeiS“-Intervention wird auch in den kommenden Wochen jeweils dienstags (14 bis 16 Uhr) stattfinden, zum Auftakt übrigens im Beisein der (echten) Polizei, die dem Kunstprojekt positiv gegenüberstehe, wie Bruckbauer sagt. Auch die weiteren Projekte sind mit ÖBB, Wiener Linien und Polizei abgesprochen. Ab 15. Mai etwa wird der aus der Hafenstadt Hamburg stammende Künstler Patrick Timm am Praterstern (konkret am Tegetthoff-Denkmal) sein Kunstatelier „Hafenmeisterei“ aufstellen und den Bahnhof Praterstern so auch ein wenig als Hafen inszenieren. Im Juni wird Musiker Rahi Sinkai ebendort einen Teppich ausbreiten und auf der persischen Langhalslaute Tar spielen: Passanten sind zum Mitmusizieren und -singen eingeladen.

Dass die „Prater Stern Stunden“ nun (fast) mit dem Alkoholverbot zusammenfallen, ist Kuratorin Bruckbauer nicht unbedingt recht. Vom Alkoholverbot selbst hält sie wenig. „Das ist eine kosmetische Aktion, man geht der Ursache damit nicht auf den Grund.“

Auch Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien, plädiert dafür, den Praterstern wieder als positiven Ort zu erleben. Als Reaktion auf das Alkoholverbot hat er erneut seinen Facebook-Beitrag von Anfang März (nach der Messerattacke ebendort) gepostet, in dem er dazu aufruft, den Praterstern nicht zu meiden: „Gehen wir weiterhin zum Praterstern und machen ihn dadurch wieder zu einem Ort, wo sich niemand (mehr) fürchten muss.“

Auf einen Blick

Am Freitag tritt am und rund um den Bahnhof Praterstern ein Alkoholverbot in Kraft: Der Konsum von alkoholischen Getränken außerhalb der Gastronomiebetriebe und Schanigärten ist dann verboten.

Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Verwaltungsstrafe von 70 Euro (im Wiederholungsfall mehr) rechnen. Der Praterstern ist der erste öffentliche Platz in Wien, an dem ein Alkoholverbot eingeführt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2018)

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