KH Nord: Peter Hacker, Stadtrat ohne Gnade

Draußen in Floridsdorf, im KH Nord: Stadtrat Peter Hacker am Donnerstag, wie alle mit den vorgeschriebenen Schuhüberziehern.
Draußen in Floridsdorf, im KH Nord: Stadtrat Peter Hacker am Donnerstag, wie alle mit den vorgeschriebenen Schuhüberziehern. (c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Der Neue garantiert einen Vollbetrieb des skandalgebeutelten Spitals im September 2019. Als Kostenlimit definiert er 1,3 Milliarden Euro – und droht den KAV-Chefs mit Abberufung.

Wien. Man kann es nicht leugnen: Irgendwie sehen die blauen Kunststoffüberzieher für die Straßenschuhe lächerlich aus. Die Chefs des Krankenanstaltenverbunds (KAV) müssen sie genauso (er)tragen wie alle Journalisten, die nach Floridsdorf (über die Donau also!) gerufen wurden. Wie auch Peter Hacker höchstselbst, der neue Gesundheitsstadtrat. Zum Lächeln ist ihm aber nicht zumute. Zum Lachen schon gar nicht.

Allein der Name des Orts der Pressekonferenz weckt eine wahre Kaskade negativer Assoziationen: KH Nord. Viel zu teuer, viel zu spät, viel zu dilettantisch: So lassen sich die vielfach berichteten Fehler, Versäumnisse und Kritikpunkte zusammenfassen. Hacker will dem allen ein Ende setzen. Er definiert an diesem heißen Donnerstag – die Klimaanlage ist hier noch nicht in Betrieb – ein Kosten- und ein Zeitkorsett. Und setzt die neben ihm stehenden KAV-Vorstände Herwig Wetzlinger und Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, die sich nach außen ungerührt zeigen, gewaltig unter Druck.

Hacker unmissverständlich: „Vorstand und Programmleitung haben die klare Vorgabe, den Kostenrahmen nicht mehr zu überschreiten und um jeden Cent für den Steuerzahler zu kämpfen.“ 1,341 Milliarden Euro hat er Sekunden vorher, es ist ganz still, als maximale Höhe für die Gesamtkosten (inklusive Grundstückserwerb und -aufschließung) genannt. Um mehr als die Hälfte höher als geplant.

Und: Der volle Betrieb des Spitals müsse spätestens im September 2019 garantiert sein. Im Juni nächsten Jahres sollen die ersten Patienten hier behandelt werden. Vier Jahre später als geplant übrigens. Was aber, wenn das KAV-Management das Erreichen der Zielvorgaben (wieder) nicht schafft? Hacker, der Stadtrat ohne Gnade, antwortet schnörkellos: „Selbstverständlich gibt es auch personelle Konsequenzen, wenn es keine Plausibilität für ein Überschreiten des Kostenrahmens gibt.“ Gilt das auch für die Einhaltung des Zeitplans? „Definitiv, wenn der Zeitplan nicht eingehalten wird“, so Stadtrat Hacker.

„Mehrwert für Steuerzahler“

Wenig später macht er deutlich, dass er eigentlich ein Unterschreiten des Kostenlimits erwartet. Das hört sich dann so an: „Ich bin extrem zuversichtlich, dass die Vorgabe mehr als eingehalten wird.“ Kölldorfer-Leitgeb darf dann auch ans Wort. „Der Steuerzahler wird einen großen Mehrwert durch das Spital erhalten“, sagt sie mit festem Blick. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit (nicht der Blick, die Aussage der Managerin) bei einem derartigen finanziellen Aufwand. Ihr Ko-Vorstand Wetzlinger übertreibt: „Mit Blick vom Dach aus hat man fast den Eindruck, wir haben ein Gartenhotel errichtet.“ Obwohl tatsächlich, zumindest die Therapiegärten, die vor allem für psychisch Kranke gedacht sind, werden in Österreich kaum getoppt.

Zurück zu den Finanzen: Laut Hacker sind Aufträge in Höhe von 919 Millionen Euro abgerechnet worden. Arbeiten in Höhe von knapp mehr als 200 Millionen Euro seien noch offen und würden derzeit abgearbeitet.

Streit um zehn Millionen

Vor Gericht gebe es derzeit Verfahren mit einem Streitwert in der Dimension von zehn Millionen Euro.

Gleichzeitig zeigt er sich – offensichtlich in Anspielung auf einen jüngsten „Presse“-Bericht – von Firmendrohungen nicht beeindruckt. Unternehmen haben mit der Einstellung der Arbeiten gedroht, da Rechnungen nicht freigegeben und bezahlt seien. Er sei nicht bereit, sich Druck zu beugen. Nochmals: Hacker, der Stadtrat ohne Gnade.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2018)

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