„Wien ohne Fiaker? Undenkbar“

Fiaker Andreas Horvath mit seinen Pferden Lord und Pavarotti beim Standplatz neben dem Stephansdom.
Fiaker Andreas Horvath mit seinen Pferden Lord und Pavarotti beim Standplatz neben dem Stephansdom.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die lange Tradition der Pferdekutschen wird derzeit intensiv diskutiert: Neben der Frage des Tierleids stehen die hohen Kosten im Fokus. Die Fiaker wehren sich gegen die Vorwürfe.

Irgendjemandem ist der Vergleich vor Jahren eingefallen, seither wird er gern benutzt: Die Fiaker sind für Wien, was die Gondoliere für Venedig sind. Ein unverwechselbares Markenzeichen der Innenstadt. Eine Touristenattraktion, die es so nur hier in Wien gibt. Oder wie es Andreas Horvath, seit 31Jahren als Fiaker in Einsatz, formuliert: „Was wäre Wien ohne Fiaker? Undenkbar.“

Horvath, den typischen schwarzen Hut auf dem Kopf, eine Zigarette in der Hand, steht mit seiner Kutsche und den Pferden Lord und Pavarotti neben dem Stephansdom, dem besten, weil beliebtesten Fiakerstandplatz der Innenstadt. Er ist einer, der viel mit den Leuten redet. Und in den vergangenen Tagen „haben wir so viel Rückendeckung bekommen von den Leuten, das freut uns irrsinnig“.

Es war eine turbulente Woche für Horvath und seine Fiakerkollegen. Immerhin hat der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl (ÖVP), in einer Stellungnahme – anlässlich einer Petition für ein Fiakerverbot im Ersten – ein Auslaufen der Konzessionen bei Verstößen gefordert sowie das „schrittweise Ende der Fiaker im ersten Bezirk“ in den Raum gestellt.

Figls Hauptsorge gilt dabei den hohen Kosten, die auf den Straßen ob der starken Abnutzung durch die Pferdehufe entstehen. 750.000 Euro sind das jedes Jahr laut MA28 (Straßenverwaltung) allein durch die Pferdehufe. Fiaker Horvath kann das so nicht glauben: Immerhin, sagt er, fahren im Ersten auch Autos und Laster, „aber wir haben daran auch Anteil, keine Frage. Aber selbst wenn: Der Werbewert durch die Fiaker übertrifft diese Kosten um ein Vielfaches.“

Über die Tierschützer, die die Fiaker zum Wohl der Pferde aus der Innenstadt haben wollen, redet Horvath nicht so gern. Wenn etwa auf dem Stephansplatz 13 statt der erlaubten zwölf Fiaker stehen, „zeigen sie das gleich an“. Tatsächlich hat etwa der Verein Gegen Tierfabriken (VGT) im Frühsommer die Fiaker einen Monat lang beobachtet und 255 Gesetzesverstöße beanstandet. 233 davon betrafen die Missachtung der Betriebszeiten: Viele Fiaker waren schon vor dem erlaubten Beginn um elf Uhr mit Touristen unterwegs. „Das mag nicht so schlimm klingen“, sagt Georg Prinz vom VGT, „bedeutet aber, dass die Pferde länger als gesetzlich erlaubt im Einsatz sind.“

Präsentierteller. Schwarze Schafe gebe es natürlich, sagt Fiaker Horvath. Solche, die Auflagen missachten. Kleinere Dinge. Aber keiner, betont Horvath, behandle seine Pferde schlecht. „Wir sind doch auf dem Präsentierteller, jeden Tag gehen 1000 Menschen vorbei, wie könnten wir die Pferde da überhaupt schlecht behandeln? Ganz abgesehen davon, dass sie unser Kapital sind.“

Dass Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nach Figls Forderung ein Ende der Fiaker praktisch ausgeschlossen hat, stimmt Horvath optimistisch. Auch Bezirkschef Figl hofft auf konstruktive Gespräche. „Wenn Ludwig eine vernünftige Lösung für alle verspricht, dann nehmen wir ihn gern beim Wort.“ Aus Figls Sicht muss das vor allem eines bedeuten: sein Budget entlasten. Denn die 750.000 Euro seien für den Bezirk nicht stemmbar, derzeit werden aus budgetären Gründen nur 300.000 Euro in die Sanierung investiert (40 Prozent davon übernimmt die Stadt), der Rest der Schäden bleibt unsaniert. Würden die Kosten aus anderen Töpfen (mit-)finanziert, wäre das für Figl eine tragbare Lösung. Ein Kompromiss könnten auch die sogenannten Gummihufe statt Hufeisen sein, die das Ausmaß der Schäden massiv reduzieren würden. Eine Studie, ob die Tiere damit verletzungsfrei unterwegs sein können, ist noch am Laufen.

Andere Ideen stoßen auf wenig Gegenliebe. Etwa jene, die Fiaker ins Grüne zu verlegen. „Wenn uns Herr Figl die Touristen im Shuttlebus ins Grüne schickt, dann gern“, sagt Horvath. Tatsächlich wollen „die Touristen nicht auf der Hauptallee auf- und abfahren, sie wollen die Attraktionen der Innenstadt von der Kutsche aus erleben.“

Zahlen

116

Platzkarten für die Standplätze im Ersten gibt es derzeit – gleichzeitig im Einsatz sind aber immer nur 58: Eine Hälfte darf an geraden, die andere an ungeraden Tagen Fiakerfahrten anbieten.

29

Fiakerunternehmen gibt es in Wien, die großteils mehrere Kutschen betreiben. Laut Wirtschaftskammer ist die Zahl seit vielen Jahren konstant. Der Begriff „Fiaker“ wird gleichermaßen für die Kutscher wie für die Pferdekutschen verwendet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2018)

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