Prozess: Diplomat soll Visa "aus Gefälligkeit" vergeben haben

Dem Mitarbeiter einer österreichischen Botschaft in einer arabischen Hauptstadt muss sich in Wien wegen Amtsmissbrauch verantworten. Er soll unrechtmäßig Visa bewilligt haben. Geld dürfte keines geflossen sein.

Gegen den für die Behandlung von Visa-Anträgen zuständigen Mitarbeiter an einer österreichischen Vertretungsbehörde in einer arabischen Hauptstadt ist am Montag am Wiener Landesgericht ein Prozess wegen Amtsmissbrauchs eröffnet worden. Dem Diplomaten wird vorgeworfen, Visa bewilligt zu haben, obwohl die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig.

Wie die Staatsanwältin eingangs der Verhandlung ausführte, habe der Mann "aus Gefälligkeit, als Freundschaftsdienst" die gegenständlichen Ansuchen genehmigt. Geld sei keines geflossen. 18 Fakten sind inkriminiert, die Anklägerin sprach von "relativ vielen Fällen".

Verteidiger Alexander Philipp ließ das nicht gelten. Sein Mandant habe jährlich 5.800 Visa-Ersuchen zu prüfen, da könne es in einzelnen Fällen zu Missverständnissen oder Fehlern kommen. Vorsätzliches schuldhaftes Fehlverhalten liege jedenfalls keines vor, daher sei der von der Staatsanwaltschaft behauptete Missbrauch der Amtsgewalt zweifelsfrei nicht gegeben: "Er hat stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt."

Der Diplomat soll laut Anklage Visa deutlich über der an sich vorgesehenen Obergrenze von sechs Monaten vergeben haben oder auch dann bewilligt haben, obwohl die dafür erforderliche Reiseversicherung nicht beigebracht wurde. Dazu hielt Philipp fest, dass in Ausnahmefällen die Einreise und der Aufenthalt nach Österreich für mehr als ein halbes Jahr zulässig sei. Was die Versicherungsbelege betreffe, "kann es vielleicht passiert sein, dass da Zettel rausgefallen sind".

Für das Verfahren von entscheidender Bedeutung dürfte sein, ob man an der betreffenden Botschaft im Anklagezeitraum überhaupt von einem neuen Erlass Kenntnis erlangt hat, mit dem das bürokratische Prozedere in Visa-Fragen neu geregelt wurde. "Gewisse Erlässe werden erst später weitergeleitet. Zum Teil sind sie dort gar nicht angekommen", behauptete Verteidiger Philipp. Richter Ulrich Nachtlberger lässt das jetzt nachprüfen. Die Verhandlung wurde daher auf den 11. Dezember vertagt.

(APA)

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