Wer trägt die (politische) Verantwortung für den skandalträchtigen Bau des Krankenhauses Wien Nord? Der Energetiker jedenfalls verteidigte vor der U-Kommission seine Arbeit.
Wien. Nein, Überraschung ist es keine, dass auch weiterhin niemand die (politische) Verantwortung übernehmen will. Aber es mutet fast schon amüsant an, wie sich hohe und höchste Entscheidungsträger herauswinden.
Dienstag im Wiener Rathaus: Die U-Kommission zum KH-Nord-Skandal tagt zum 13. Mal. SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig ist sozusagen der Star unter den für diesen Tag geladenen Auskunftspersonen. Doch Ludwig setzt auf Abwarten. Auf die Frage der ÖVP-Fraktion: „Bei wem liegt die Verantwortung?“, teilt er bescheiden mit: „Ich will der Tätigkeit der Kommission nicht vorgreifen.“
Schließlich habe er selbst diese Kommission initiiert. Eine Sichtweise, die bei der FPÖ-Fraktion auf Unverständnis stößt. Ludwig weiter: „Ich bin neugierig auf den Endbericht der Kommission.“ Auch fallen eher spröde Sätze wie dieser: „Es ist Aufgabe der Kommission, entsprechende Wahrnehmungen darzustellen.“
ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec riskiert einen zweiten Versuch: „Wer trägt die politische Verantwortung?“ Ludwig: „Ich würde gern den Endbericht der Kommission abwarten. Aus dem Bericht wird man eine etwaige politische Verantwortung ableiten können. Man wird sehen, ob es diese gibt.“
„Ein Milliardenskandal“
Eigentlich hätte das noch immer in der Phase der Fertigstellung befindliche Floridsdorfer Großspital schon 2016 in Betrieb gehen sollen. Derzeit ist Herbst 2019 angepeilt. Und eigentlich wurde mit Errichtungskosten von 825 Millionen Euro gerechnet. Nun hält man bei 1,34 Milliarden. Weshalb FPÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl daran erinnert: „Wir klären hier einen Milliardenskandal.“
Zurück zu Ludwig. Er ist geladen, weil er von 2007 bis 2018 Wohnbaustadtrat war. In seine Zeit fallen zwei Bewertungen des KH-Nord-Grundstücks durch die MA 69. Und auch das: 120 Millionen Euro aus dem Wohnbau-Förderungstopf wurden in den KH-Nord-Bau umgeleitet.
Darüber will Ludwig aber „keine Kenntnis“ haben. Insofern vermutet Neos-Wien-Klubchef Christoph Wiederkehr das Vorliegen einer „Amnesie“.
Nun, als Bürgermeister, möchte Ludwig, dass „sein“ Gesundheitsstadtrat, Peter Hacker, dessen „durchschlagskräftige“ Managementqualitäten er lobt, für eine „zügige Fertigstellung“ des Krankenhauses sorgt. Noch etwas verspricht Ludwig auf Drängen der FPÖ: Er werde schauen, dass die U-Kommission in den Weiten des Wiener Rathauses bessere Räumlichkeiten bekomme. Viel Hoffnung habe er aber nicht. „In diesem Haus ist immer und überall Baustelle. Ich bin selbst Opfer.“
„Wenn man Fehler erkennt“
Apropos Opfer. Wie sieht Ludwig denn die Rolle der früheren SPÖ-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely? Sie amtierte von 2007 bis 2017. Praktisch alle Beobachter schreiben ihr einen Gutteil der politischen Verantwortung für die Vorgänge beim KH-Nord-Bau zu. Mittlerweile ist Wehsely bei Siemens Healthcare Deutschland tätig. Sie selbst verwies zuletzt auf die „operative Verantwortung des Managements“.
Ludwig sieht das so wie Wehsely: „Die operative Verantwortung liegt nicht bei der Stadträtin. Es gibt ein Management, das dafür eingesetzt und bezahlt wird.“ Und er gibt der Kommission noch diese Botschaft mit auf den Weg: „Es ist immer gut, wenn man erkennt, wenn Fehler gemacht werden.“
Nach Bürgermeister Ludwig nimmt Wehselys Kurzzeitnachfolgerin Sandra Frauenberger hinter dem für Auskunftspersonen bereitgestellten Schreibtisch Platz. Begleitet wird sie (wie auch Ludwig) von einer Vertrauensperson. Diese ist sicherheitshalber Anwältin. Und da ist sie auch schon, die Frage nach politischer Verantwortung. Die Ex-Gesundheitsstadträtin enttarnt selbige aber als „Fangfrage“. Und ja, sie übernimmt Verantwortung. Allerdings tut sie das so gar nicht im Sinn der Rathaus-Opposition. Frauenberger: „Politische Verantwortung ist es, 350.000 Menschen in Floridsdorf medizinisch zu versorgen.“
Selbstbewusster Energetiker
Dienstagabend stand dann endlich der Energetiker Christoph Fasching Rede und Antwort. Der Bewusstseinsforscher legte um 95.000 Euro einen „Energetischen Schutzwall“ um das Großspital. Die Auftragssumme möchte sich der Krankenanstaltenverbund (KAV) wieder zurückholen, wobei auch rechtliche Schritte im Raum stehen. Der KAV vermisst unter anderem eine Dokumentation der Leistungen.
Fasching verteidigte im Zeugenstand vor dem Ausschuss seine Arbeit: „Ich möchte nicht wissen, wie viele Millionen man sich durch unsere Arbeit gespart hat.“ Der Energetik-Spezialist hätte bereits vor zwei Wochen aussagen sollen, ließ sich jedoch krankheitsbedingt entschuldigen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2018)