Zeuge hatte gefälschte Dokumente

Die Tat ereignete sich am vergangenen Freitag in der Wiener Innenstadt und hatte einen Großeinsatz der Polizei zur Folge.
Die Tat ereignete sich am vergangenen Freitag in der Wiener Innenstadt und hatte einen Großeinsatz der Polizei zur Folge.APA/GEORG HOCHMUTH
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Todesschüsse in der Innenstadt: Die wahre Identität des Mannes, der am Tatort war und zunächst als Zeuge geführt wurde, ist mittlerweile bekannt. Der 29-Jährige sitzt in U-Haft.

Wien. Im Fall des tödlichen Schussattentats am vergangenen Freitag in der Wiener Innenstadt hatte der Mann, der zunächst als Zeuge geführt wurde, gefälschte Dokumente bei sich. Das serbische Innenministerium habe die österreichischen Kollegen mittlerweile über dessen wahre Identität informiert, berichtete am Stefanitag die Belgrader Tageszeitung „Politika“. Der 29-jährige war am Sonntag als Verdächtiger festgenommen worden.

Er habe sich in Wien mit gefälschten Dokumenten, die auf Daniel M. lauteten, aufgehalten, berichtete die Belgrader Zeitung. Wegen der laufenden Ermittlungen gab das serbische Innenministerium gegenüber dem Blatt allerdings nicht die wahre Identität des Mannes preis.

Schütze nach wie vor flüchtig

Bei dem Vorfall in der Wiener Innenstadt war der 32-jährige Vladimir R. regelrecht hingerichtet worden. Ein 23-jähriger Mann, der ihn begleitete, wurde angeschossen und mittlerweile ebenfalls in Haft genommen. Gegen den 29-jährigen Begleiter der beiden laufen Ermittlungen wegen Beitragstäterschaft zum Mord.

Vladimir R. war Medienberichten zufolge erst am 7. Dezember aus einem Gefängnis entlassen worden, in dem er sich wegen eines Bombenanschlags befunden haben soll. Mitte der vergangenen Woche soll er sich dann von Montenegro auf den Weg nach Wien gemacht haben.

Der flüchtige Schütze wird als circa 30 Jahre alt und rund 1,85 Meter groß beschrieben. Er trug einen Drei-Tages-Bart, eine dunkle Jacke und hatte eine Kapuze über den Kopf gezogen. Er soll in einer slawischen Sprache gesprochen haben. Ein von Augenzeugen der Bluttat ursprünglich beschriebenes Fluchtfahrzeug konnte im Zuge der Fahndung noch am Freitag ausgemacht, der Lenker angehalten werden. Es stellte sich heraus, dass weder der Pkw noch die Insassen im Zusammenhang mit dem Verbrechen standen.

Drogenkrieg zwischen Clans

Laut serbischen und montenegrinischen Medien handelt es sich bei den zwei Niedergeschossenen um Angehörige des mafiösen Kavacki-Clans, der seinen Namen nach einem Stadtviertel von Kotor – eine mediterrane Handels- und Hafenstadt an der montenegrinischen Adria-Küste – trägt.

Der Clan führt seit Jahren einen regelrechten Krieg mit dem ebenfalls nach einer Kotor-Siedlung benannten Škaljarski-Clan. Hintergrund der blutigen Fehde soll ein Streit um Drogen-Geschäfte sein. Die eine Bande soll der anderen Ende 2014 rund 200 Kilo Kokain gestohlen haben, das in einer Wohnung im spanischen Valencia gebunkert war. Darauf starteten blutige Abrechnungen, zuerst in Valencia, danach in Montenegro und in Serbien. Dutzende Personen sollen seither eines gewaltsamen Todes gestorben sein.

Serbien will Auslieferung

Bei dem angeschossenen 23-Jährigen, der mittlerweile auf dem Weg der Besserung ist, soll es sich um einen Sohn des einstigen Bosses der montenegrinischen Mafia in der Vojvodina-Hauptstadt Novi Sad handeln.

Sowohl der Vater wie auch ein Bruder des Opfers waren bei Mafiaabrechnungen in Novi Sad bzw. Belgrad 1999 bzw. 2015 ums Leben gekommen, gab das Internetportal „Analitika“ bekannt. Über den Mann ist am Montag die Auslieferungshaft verhängt worden, da die serbische Strafverfolgungsbehörde wegen eines Verstoßes nach dem Waffengesetz nach ihm gefahndet hatte.

U-Haft wegen Fluchtgefahr

Der dritte Begleiter (mit den falschen Dokumenten) wurde am Sonntag ebenfalls festgenommen, da er laut Polizeisprecher unglaubwürdige Aussagen zum Tathergang gemacht hatte. Am Christtag wurde die U-Haft wegen Beitrags zum Mord verhängt, wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn mitteilte. In solchen Fällen ist die Verhängung der U-Haft obligatorisch. Tatbegehungs- und Fluchtgefahr sind in diesem Fall aber auch nicht auszuschließen.

Welche Rolle der 29-Jährige bei dem Schussattentat gespielt hat, ist weiter unklar. Vor der U-Richterin machte er keine Angaben. Seiner Anwältin Heike Sporn zufolge bestreitet er eine Beteiligung: „Er sagt, er hat damit überhaupt nichts zu tun, außer dass er Erste Hilfe geleistet hat. Wieso der Verdacht auf ihn gefallen ist, kann er sich nicht erklären.“ (red.)

AUF EINEN BLICK

U-Haft. Im Fall des Mords in der Wiener Innenstadt hatte der Mann, der zunächst als Zeuge geführt wurde, gefälschte Dokumente bei sich. Der 29-Jährige wurde am Sonntag als Verdächtiger festgenommen. Gegen ihn laufen Ermittlungen wegen Beitragstäterschaft zum Mord, seit Dienstag ist er in U-Haft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2018)

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