Fünf verletzte Ordensbrüder nach Überfall in Strebersdorfer Kirche

Einsatz vor der Klosterkirche Maria Immaculata
Einsatz vor der Klosterkirche Maria Immaculata APA (HANS PUNZ)
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Dass auch eine Kirche zum Tatort eines Verbrechens werden kann, zeigt ein brutal ausgeführter Überfall, der sich Donnerstagnachmittag abspielte: Sechs Ordensbrüder wurden gefesselt. Zwei Täter waren zuletzt auf der Flucht.

Als am Donnerstag ein 68-jähriger Ordensbruder in der Kirche Maria Immaculata im 21. Bezirk sein Tagwerk beginnt, ahnt er nicht, dass er das erste Opfer einer ganzen Serie von Angriffen werden würde. Letztlich sollte die Polizei an diesem Tag eine dramatische Bilanz ziehen: fünf verletzte Ordensbrüder, ein sechster wurde zwar Opfer der Attacke, blieb aber unverletzt.

Die Presse

Der 68-jährige Kirchenmann blickt – so haben mittlerweile erste Erhebungen ergeben – zunächst in den Lauf einer Faustfeuerwaffe. Zwei Täter, dunkelhaarige Männer, stehen vor ihm. Sie fallen über den Mann her, misshandeln ihn – und fesseln ihn. Stundenlang befindet sich der 68-Jährige in der Gewalt der Angreifer. Er hat keine Chance sich zu befreien. Erst Stunden später wird er mit schweren Kopfverletzungen gerettet.

Diese Szenen spielten sich am Donnerstag ab 13.30 Uhr in der Anton-Böck-Gasse in Strebersdorf, einem Ortsteil von Floridsdorf, ab. Der Ordensbruder war aber nicht das einzige Opfer. Nach und nach trafen Mitbrüder in der Kirche der Schulbrüder bzw. im angrenzenden Pfarrhaus ein – auch sie wurden von den Angreifern überwältigt. Die Opfer sind zwischen 56 und 68 Jahre alt. Alle sechs Opfer wurden gefesselt. Erst um 16.17 Uhr gelang es einem der Ordensbrüder den Notruf zu wählen. Schüsse fielen an diesem Nachmittag keine. Erste Meldungen, wonach es in der Kirche eine Schießerei gegeben habe, erwiesen sich als unzutreffend.

Schläge, Tritte, Stöße

Die Verletzungen der Opfer sind auf Misshandlungen zurückzuführen, etwa auf Schläge, Stöße und Tritte. Einer der Täter könnte eine Eisenstange dabei gehabt haben. Alle fünf Verletzten wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Ursprünglich war nicht einmal das Motiv klar. Nur Terror wurde von der Polizei ausgeschlossen. „Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand dürfte zumindest einer der unbekannten Täter Wertgegenstände und Bargeld gefordert haben. Die genaue Motivlage ist derzeit noch unklar, ein mögliches Terrormotiv kann jedenfalls ausgeschlossen werden.“ So lautete eine Twitter-Meldung der Polizei.

Anfänglich war es schwierig die Opfer zu befragen, da sie laut Polizei unter Schock gestanden seien. Im Laufe des Tages kristallisierte sich aber heraus, dass es tatsächlich ein Raubüberfall gewesen sein dürfte. Darauf deutete auch der Umstand hin, dass die Türe eines Tresors offen stand. Aus diesem wurde von den Tätern eine 9mm-Pistole gestohlen.

WEGA-Einsatzkräfte vor dem abgeschirmten Tatort.
WEGA-Einsatzkräfte vor dem abgeschirmten Tatort. APA (HANS PUNZ)

Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz. Etwa mit der Bereitschaftseinheit oder der Bezirkspolizei. Ein Hubschrauber kreiste über dem Tatort. Die Berufsrettung war mit einem Katastrophenzug angerückt. Die Kirche wurde von der Polizei umstellt, da unklar war, ob sich noch Täter in den Räumlichkeiten aufhielten. Eine Durchsuchung des Gebäudes durch die Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung blieb aber ergebnislos. Die Polizei sprach von einem „großräumigen Sperrkreis“. Zu den Angreifern wusste man zuletzt wenig. Laut Polizeisprecher Harald Sörös sollen die Täter auf Deutsch „mit einem ausländischen Akzent“ gesprochen haben.

Tatort Kirche

Den Tätern droht nach Ausforschung ein Prozess – unter anderem wegen schweren Raubes. Darauf stehen bis zu 15 Jahre Haft. Indessen zeigte sich Kardinal Christoph Schönborn „tief betroffen“ von dem Überfall. Die Tat erinnert zumindest entfernt an eine Serie von Raubüberfällen auf drei Pfarrer und andere Opfer: So standen 2009 vier Rumänen in St. Pölten vor Gericht, die in Niederösterreich zugeschlagen hatten. Die Männer, zwischen 20 Jahre und 48 Jahre alt, drangen – unter anderem – nachts in einen Pfarrhof in Klosterneuburg ein. Der schlafende Pfarrer, ein 70-jähriger Mann, wurde mit einem Brecheisen bedroht und schwer misshandelt. Er wurde so heftig geschlagen, dass er einen Knochenbruch im Gesicht und eine Augenverletzung erlitt. Die Beute betrug damals nur 300 Euro.

Bei einem Überfall auf einen Pfarrer in Böheimkirchen erbeuteten die Männer 3500 Euro. Wenn er daran denke, wie ihm der Mund zugehalten wurde, habe er noch heute das Gefühl, ersticken zu müssen, sagte der 66-Jährige als Zeuge vor Gericht. Auch ein Pfarrer von Pillichsdorf wurde zum Opfer. Rund 4500 Euro wurden hier von den Tätern erbeutet. Letztlich wurden die Rumänen wegen Raubüberfällen auf drei niederösterreichische Pfarrer und zwei weitere Personen in Oberösterreich verurteilt. Der 48-Jährige wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt. Der 20-Jährige bekam elf, die beiden anderen neun und siebeneinhalb Jahre Gefängnis. Im Zuge dieser Raubserie war damals eine Sonderkommission der Polizei eingerichtet worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2018)

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