Der Dauerclinch um das Prädikat „Weltkulturerbe“ für die Wiener Innenstadt ist um ein Rechtsgutachten reicher.
Viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Gilt das auch für die Neugestaltung des Wiener Heumarkt-Areals und die möglicherweise damit einhergehende Aberkennung des Weltkulturerbe-Status? Oder kommt es da auf einen weiteren „Koch“ gar nicht mehr an? Jedenfalls rührt neuerdings auch die Partei Jetzt ein bisschen um. Und zwar mit einem neuen Gutachten. Dieses löst reflexartig auch ein neues Hickhack zwischen Bund und Land Wien aus.
Aber das sei doch ohnedies nur Show. So wie einst das Catchen am Heumarkt, um dessen Umgestaltung es seit Jahren geht. Das sagt Jetzt-Kultursprecher Wolfgang Zinggl – dabei hält er das erwähnte Gutachten in Händen. Dieses stammt von Verfassungsrechtler Theo Öhlinger. Und besagt: „Der Bund ist für die Einhaltung staatsvertraglicher Verpflichtungen ungeachtet ihrer innerstaatlichen Zuordnung [. . .] verantwortlich.“ Konkret: Der Bund sei der Unesco verpflichtet. Er könne und müsse, so Zinggl, eine Weisung an Wiens Landesregierung erteilen. Eine Weisung zur Rettung des Weltkulturerbes „Wiener Innenstadt“. Ganz einfach!
Der im Bund zuständige Weltkultur-erbe-Retter, Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP), springt auf den Zug: Falls das rechtlich geht, wolle er eine Weisung zur Wahrung des Prädikats „Weltkulturerbe“ geben und damit Wien von der roten Liste bringen, lässt er wissen.
Geht aber nicht, fährt ihm Wiens Landtagspräsident, Ernst Woller (SPÖ), in die Parade (Woller gehört einer Delegation an, die mit der Unesco verhandelt). Im „Presse“-Gespräch erinnert Woller daran, dass es längst einen Flächenwidmungsplan gebe, der den Stein des Anstoßes, einen 66-Meter-Wohnturm, zulasse. Und dass es einen städtebaulichen Vertrag mit dem Heumarkt-Investor Michael Tojner gebe.
„Durch die fahrlässige Planungspolitik der Stadtregierung ist Wien erst in diese missliche Lage gekommen!“, ruft Wiens ÖVP-Klubchefin, Elisabeth Olischar, dazwischen. Woller unbeeindruckt: „Ich bin mit Blümel im besten Einverständnis.“ Letzteres ist Wasser auf Zinggls Mühlen: SPÖ und ÖVP würden einander sowieso nicht wehtun. Das sei eben nur ein Schaukampf.
Wie bedroht der Welterbe-Status wirklich ist, zeigt sich Mitte des Jahres. Dann findet die nächste Sitzung des Weltkulturerbe-Komitees statt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2019)