Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Verhandlung anberaumt, in der es darum gehen wird, ob der Weltkulturerbe-Status gefährdet ist.
In der Frage nach der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das umstrittene Hochhausprojekt am Heumarkt haben die Gegner des Projekts einen Etappensieg errungen. Nachdem sie Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung eingebracht hatten, auf eine UVP zu verzichten, hat das Bundesverwaltungsgericht nun für den 18. März eine Verhandlung anberaumt.
Denn in dieser Causa sei „eine Einzelfallprüfung durchzuführen, ob zu erwarten ist, dass durch das Vorhaben unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet der Kategorie A des Anhanges 2 Welterbestätte ,Historisches Zentrum von Wien‘ festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird“. Gemeint ist also der Unesco-Weltkulturerbe-Status der Wiener Innenstadt, der durch den 66 Meter hohen Turm beim Hotel Intercontinental gefährdet ist.
Brisant: Vom Gericht wurde Architekt Manfred Wehdorn zum „Sachverständigen für Architektur, Denkmalschutz und Ortsbildpflege“ bestellt. Er wird „ein Gutachten über die Auswirkungen des Vorhabens auf das Unesco-Schutzgebiet erstatten, das den Verfahrensparteien mindestens eine Woche vor der Verhandlung übermittelt wird“. Wehdorn soll also untersuchen, ob er eine UVP für notwendig erachtet oder nicht. Brisant deshalb, weil sich der Architekt 2016 in der „Presse“ grundsätzlich für den Erhalt des Weltkulturerbe-Status Wiens ausgesprochen hatte. „Das ist ein Bekenntnis zur Verantwortung für eine historische Stadt. Wir brauchen ihn unbedingt“, sagte er damals. Jede Kulturstadt von Bedeutung gebe dieses „großartige Bekenntnis“ ab, wie etwa auch Rom und Florenz.
Verzögerung möglich
Wehdorns Äußerungen aus der Vergangenheit könnten zu einem Befangenheitsantrag durch den Anwalt des Heumarktprojekts (Wertinvest Hotelbetriebs GmbH), Michael Hecht, führen. Ob ein solcher eingebracht wird, werde überprüft, sagt Hecht.
Er ist jedenfalls der Ansicht, dass bei diesem Projekt eine UVP nicht notwendig sei, was auch aus den bisherigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts hervorgehe. Sollte das Gericht zum Entschluss kommen, eine UVP durchführen zu lassen, hätte das möglicherweise weitreichende Folgen für vergleichbare Projekte in vielen anderen Innenstädten, bei denen eine UVP ebenfalls notwendig werden könnte. Bisher wurde in Wien lediglich beim Hauptbahnhof und der Seestadt Aspern eine UVP durchgeführt.
Was bedeutet das nun konkret für das Projekt am Heumarkt? Sollte es zu einer UVP kommen, könnte man das Ergebnis abwarten oder dagegen vor dem Verwaltungs- und dem Verfassungsgerichtshof vorgehen, wovon auszugehen ist. Das könnte das Projekt um bis zu eineinhalb Jahre verzögern. Bei einem endgültigen negativen Ausgang wäre sogar das Ende des Projekts nicht ausgeschlossen. Ausgeschlossen scheint derzeit nur das Ende der Diskussionen darüber.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2019)