Heumarkt-Projekt wird gestoppt

HeumarktProjekt: "Zweijährige Phase des Nachdenkens"
HeumarktProjekt: "Zweijährige Phase des Nachdenkens"APA/ISAY WEINFELD&SEBASTIAN MURR
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Die Wiener SPÖ ordnet eine „zweijährige Phase des Nachdenkens“ an. In dieser Zeit wird es keinerlei Baumaßnahmen geben. Zuvor fiel ein Gutachten des Denkmalrats negativ aus.

Wien. In der Diskussion um das geplante Hochhausprojekt auf dem Heumarkt-Areal kündigte die Wiener SPÖ am Sonntag eine „zweijährige Phase des Nachdenkens“ an. „In den nächsten zwei Jahren wird sich gar nichts ändern“, sagte der Wiener Landtagspräsident Ernst Woller. Außerdem soll ein Managementplan für das Weltkulturerbe in Wien erstellt werden.

In dem am Samstag veröffentlichten Gutachten des Denkmalrats Icomos wurde ebenfalls empfohlen, die Planungen für zwei Jahre auszusetzen und mit dem Entwickler Alternativen zu erarbeiten, die mit dem Unesco-Weltkulturerbe-Status vereinbar sind.

Der Bericht sei „wenig überraschend“, sagt Woller. „Wir sind in sehr intensiven Gesprächen – fast täglich, wöchentlich – mit der Unesco und mit Icomos.“ Er sei zuletzt erst in Paris gewesen, wo beide Organisationen ihren Sitz haben. „Der Bürgermeister ist in dieser Frage hochaktiv“, so Woller. Der Icomos-Report beinhalte „gute Sachen“. Diese sind „Teil des Dialogs, den wir seit vergangenem Jahr führen“, als er und Ludwig ihre neuen Ämter angetreten hätten. „Ich bin froh, dass dieser Bericht endlich vorliegt.“ Das Gutachten sei „nicht das Ende der Diskussion“, sondern ein Teil davon.

Nun sei auch der Bund am Zug, die soziokulturellen und sozioökonomischen Effekte des geplanten Projekts zu untersuchen. Es gäbe eine „Phase bis 2021, in der nichts radikal Neues passiert, schon gar keine Baumaßnahmen“. Laut Woller hat der Projektbetreiber inzwischen auch eine Baubewilligung beantragt. Das sei aber ein gewöhnliches Verfahren, das noch nicht begonnen habe. Zudem werde dieses ebenfalls etwa zwei Jahre dauern.

Scharfe Kritik an Ludwig

Zuvor hat die Wiener Rathaus-Opposition am Sonntag scharfe Kritik an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) geübt. Er würde „untätig“ zusehen, wie der Unesco-Weltkulturerbe-Status der Innenstadt aufs Spiel gesetzt wird, sollte die Neugestaltung des Areals wie vorgesehen umgesetzt werden. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) laden deshalb für heute, Montag, zu einer Pressekonferenz, um über ihre Vorgehensweise zu informieren.

„Als Bürgermeister der Bundeshauptstadt hat sich Genosse Ludwig für die positive Entwicklung Wiens einzusetzen, anstatt bei drohender Negativveränderung in Untätigkeit zu verharren“, teilte die FPÖ Wien mit. „Die Silhouette nun dermaßen zu verändern würde nicht nur den Status Wiens als Weltkulturstätte beenden, sondern auch einen drastischen Eingriff in das charakteristische, historische Ortsbild der Stadt bedeuten“, sagte Landesparteiobmann Johann Gudenus.

Auch ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch kritisierte die Zurückhaltung Ludwigs: „Wien ist mit seinen historischen Kulturstätten ein Juwel, das es zu schützen gilt. Doch von Bürgermeister Ludwig gibt es weder eine Wortmeldung noch eine konkrete Handlung, um sich aktiv für das Weltkulturerbe einzusetzen. Rot-Grün setzt damit das Weltkulturerbe in Wien aufs Spiel.“ Der Kultursprecher der Liste Jetzt, Wolfgang Zinggl, sieht wiederum „die Felle aller Spekulanten und politisch Verantwortlichen, denen das kulturelle Erbe der Stadt gleichgültig ist, davonschwimmen“.

Welterbe-Status „unhaltbar“

In dem Icomos-Gutachten heißt es unter anderem, dass das geplante Hochhausprojekt am Heumarkt das für den Unesco-Weltkulturerbe-Status essenzielle Stadtbild „zerstören“ und dazu führen werde, dass das Areal seine „historische Authentizität“ und „kulturelle Bedeutung“ verliere.

Sollte das Projekt also realisiert werden, wäre der Weltkulturerbe-Status „unhaltbar“. Somit bleibt die Innenstadt für zwei weitere Jahre auf der Roten Liste des gefährdeten Weltkulturerbes, auf der sie sich seit Juli 2017 befindet.

Unabhängig vom aktuellen Gutachten entscheidet heute, Montag, das Bundesverwaltungsgericht über die Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Sollte das der Fall sein, wäre es ohnehin erneut zu Verzögerungen gekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2019)

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