Heumarkt: Gericht will Umweltverträglichkeitsprüfung, Projekt verzögert

Die Presse/Fabry
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Etappensieg für die Gegner des Heumarkt-Projekts: Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat eine verpflichtende UVP vorgeschrieben. Damit widerspricht das BVwG der Wiener Landesregierung.

Das umstrittene Heumarkt-Projekt in Wien muss sich einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterziehen. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesverwaltungsgericht in einem 31 Seiten starken Erkenntnis. Damit könnte sich das Bauvorhaben erheblich verzögern. Dieses - es sieht auch einen 66 Meter hohen Büroturm vor - werde den "Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet 'Unesco-Welterbestätte Historisches Zentrum von Wien' festgelegt wurde, erheblich beeinträchtigen", heißt es im Erkenntnis des BVwG.

"Das Vorhaben wird aufgrund seiner Masse und Bauhöhe eine wesentliche Störung der historischen Skyline, die von der Unesco als grundlegend für den außergewöhnlichen Wert genannt wurde, bewirken, wobei dies auch zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Authentizität und Integrität der Welterbestätte führt und damit den Ernennungskriterien für deren Ernennung widerspricht", wird von Richter Christian Baumgartner weiter ausgeführt.

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Erkenntnis noch nicht rechtskräftig

Rechtskräftig ist der Entscheid noch nicht. Die Gruppe des Investors Michael Tojner bzw. die Projektwerberin WertInvest GmbH könnte noch Revision einlegen. Über diese würde der Verwaltungsgerichtshof (VwGH)  entscheiden. Auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) könnte die Projektwerberin einbringen. Derzeit liegt das Projekt aufgrund einer politischen Entscheidung der Stadt Wien ohnedies für zwei Jahre auf Eis.

Projektleiterin Daniela Enzi kündigte bereits an: "Wir werden jetzt direkt VfGH und VwGH anrufen, um so zu einer abschließenden Klärung der Rechtslage zu kommen. Wir vertrauen in die österreichischen Höchstgerichte, da die Vorgangsweise des BVwG der letzten Monate nicht nur für unser Projekt, sondern für hunderte Projektwerber in Österreich höchste Rechtsunsicherheit mit sich bringt."

In einem Interview mit der „Presse“ meinte Tojner auf die Fragen: „Wie kann ein Kompromiss (des Projekts, Anm.) aussehen? Wird es eine neue Variante des umstrittenen Turms geben?

"Wir werden sehen, möglicherweise. Den Turm kürzer zu machen geht jedenfalls nicht, ihn wegzulassen auch nicht. Und wir wollen auch nicht großartig alles neu planen. Für faule Kompromisse, die meinem architektonischen Anspruch nicht genügen, stehe ich nicht zur Verfügung. Der Bürgermeister und ich wollen aber einen Weg finden, damit das Projekt nicht mehr Spielball der Politik ist. Derweil arbeite ich am ursprünglichen Projekt weiter und hoffe auf eine schnelle Lösung. Auch für den Wiener Eislaufverein, das Intercontinental und das Akademische Gymnasium."

Bisher nahm der Investor jedenfalls an, dass er keine UVP für die Neugestaltung des Areals brauche. Die Wiener Landesregierung als zuständige erstinstanzliche Behörde bestätigte diese Rechtsmeinung im Vorjahr. Einige Gegner des Projekts, nämlich zehn Privatpersonen und die Umweltorganisation Alliance for Nature, hatten bei beim BVwG Beschwerde gegen den Landesregierungs-Bescheid eingelegt. Hauptargument dieser Beschwerde: Die Errichtung der geplanten Gebäude verletzte die Welterbekonvention.

Das BVwG führte nun aus: „Die Skyline der Wiener Innenstadt ist bereits durch zahlreiche massive und auch hohe Neubauten in den letzten Jahren grundsätzlich beeinträchtigt worden. Das gegenständliche Vorhaben übertrifft jedoch von seinem Bauvolumen her alle anderen hohen Gebäude, die seit 1945 in der nunmehrigen Kernzone des Weltkulturerbes errichtet wurden.“ 

Harte Kritik des BVwG

Und weiter: „Zahlreiche weitere Hochhausbauten in der Pufferzone oder sonst in der Nähe haben seit dem Jahr 2000 dazu beigetragen, dass die Silhouette der Stadt im Randbereich der Innenstadt wesentlich verändert bzw. gestört wurde. Das gegenständliche Vorhaben stellt jedoch im Hinblick auf seine Lage in einer für die Integrität und Authentizität des Weltkulturerbes zentralen Sichtachse (vom Belvedere zum Stephansdom) und aufgrund seiner Lage in der Kernzone des Weltkulturerbes ein Spezifikum dar, das die bisherigen Störungen auf die Spitze treibt und in eine neue Dimension überführt."

Hinsichtlich der Frage UVP ja oder nein, schreibt nun das BVwG in seinem Erkenntnis: „Das Vorhaben wird aufgrund seiner Masse und Bauhöhe eine wesentliche Störung der historischen Skyline, die von der Unesco als grundlegend für den außergewöhnlichen Wert genannt wurde, bewirken, wobei dies auch zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Authentizität und Integrität der Welterbestätte führt und damit den Ernennungskriterien für deren Ernennung widerspricht."

Weiter heißt es in diesem Punkt: „Es ist somit zu erwarten, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet ,Unesco-Welterbestätte Historisches Zentrum von Wien´ festgelegt wurde, erheblich beeinträchtigt wird." Und: Gemäß UVP-Gesetz sei für das Vorhaben Hotel InterContinental, WEV und Heumarktgebäude eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

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