Nach Notre-Dame-Brand: Wie gefährdet ist der Stephansdom?

Archivbild: Der Wiener Stephansdom
Archivbild: Der Wiener StephansdomFabry / Die Presse
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Die Feuerwehr erklärt, wie schwierig das Löschen bei historischen Bauten ist.

"Es ist schlicht und einfach zum Weinen“, sagte ein sichtlich erschütterter Kardinal Christoph Schönborn am späten Montagabend im ORF. „Notre-Dame brennend - so muss es den Menschen gegangen sein, als am 12. April 1945 der Stephansdom gebrannt hat.“ Er hoffe, dass sich nun alle zusammentun werden, um die gotische Kathedrale, das Wahrzeichen Frankreichs, wieder aufzubauen. Immerhin, so der Kardinal, handle es sich bei dem der Gottesmutter Maria gewidmeten Bau (errichtet von 1163 bis 1345) um das „Herz" der Stadt Paris: „Das Herz ist schwer verletzt.“ 

Wie für die Österreicher der Stephansdom sei auch Notre-Dame für die Franzosen, und zwar „nicht nur die katholischen“, einfach „das Monument", zog Schönborn sodann einen weiteren Vergleich. Und er erinnerte an die spontane Reaktion des damaligen Wiener Erzbischofs Kardinal Theodor Innitzer, der nach dem Brand des Stephansdoms gesagt hatte: „Na, dann werden wir ihn wieder aufbauen.“ Danach gefragt, ob dem „Steffl“ ein solches Schicksal wie nun der Notre-Dame auch widerfahren könnte, meinte Kardinal Schönborn, dass dieser heute einer unvergleichlich geringeren Feuer-Gefahr ausgesetzt sei. Seit dem Brand von 1945, als der hölzerne Dachstuhl des Stephansdoms abbrannte, ist das Dach des Wiener Wahrzeichens nämlich auf eine Stahlkonstruktion gestützt.

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Auch für Dompfarrer Toni Faber sagt: "Vor so einer Katastrophe brauchen wir uns hier in St. Stephan nicht sorgen." Zusätzlich zum Dachstuhl aus Stahl sei auch der Innenraum mit einem speziellen Brandschutzsystem ausgestattet. Dabei handle es sich nicht um Brand- und Rauchmelder im klassischen Sinn, da diese auch bei Weihrauchentwicklung anschlagen würden. Vielmehr handelt es sich laut Faber um spezielle Sensoren, die bei Weihrauch nicht Alarm auslösen. Zusätzlich stünden im Stephansdom zahlreiche Feuerlöscher - etwa in der Sakristei, bei den Eingängen oder an den Orten, wo Kirchenbesucher Kerzen anzünden - bereit.

Feuerwehr: Kaltes Wasser kann fatal sein

„Die Schwierigkeiten bei der Brandbekämpfung sind für einen Laien kaum vorstellbar: Im Dachstuhl solcher Kirchen befinden sich Unmengen von altem, historischem Holz", sagte der Sprecher der Wiener Berufsfeuerwehr, Christian Feiler, am Montagabend. Das Aufbringen von kaltem Wasser auf den sehr stark erhitzten Sand- oder Naturstein - aus dem auch der Stephansdom besteht - wäre fatal, weil es das Gemäuer zum Springen und im Extremfall zumindest schwere Schäden, wenn nicht den Kollaps des Gebäudes auslösen könnte. "Das bedeutet, ich muss sehr treffsicher löschen", sagte Feiler.

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Gäbe es im Wiener Stephansdom ein ähnliches Feuer, würde wohl die höchste Alarmstufe ausgelöst: "Aber nicht sofort: Man würde die Unterstützung von Freiwilligen Feuerwehren heranziehen, damit diese die Wachen besetzen, falls es weitere Ereignisse gebe. Die Wiener Berufsfeuerwehr könnte sich damit auf die Brandbekämpfung im Dom konzentrieren. Man müsste sicherstellen, dass es Ablösungen gibt. Es würde nichts bringen, wenn man 400 Einsatzkräfte auf einmal heranzieht und die einander im Weg stehen."

Ein weiteres Problem sind die Brandschutzmaßnahmen in solchen historischen Gebäuden. "Für den Stephansdom gibt es sehr alte Bestandspläne, aber keine klassischen Brandschutzpläne", betonte Feiler.

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(Red./APA)

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