Mutter und Töchter in Wien verhungert

Eine 45-jährige Frau und ihre 18-jährigen Töchter, Zwillinge, verhungern in der eigenen Wohnung – in einem Gemeindebau in Wien-Floridsdorf.
Eine 45-jährige Frau und ihre 18-jährigen Töchter, Zwillinge, verhungern in der eigenen Wohnung – in einem Gemeindebau in Wien-Floridsdorf.(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Nach dem Fund dreier weiblicher Leichen in einem Floridsdorfer Gemeindebau stellt sich heraus: Die Mutter und ihre beiden Töchter sind verhungert.

Wien. Eine 45-jährige Frau und ihre 18-jährigen Töchter, Zwillinge, verhungern in der eigenen Wohnung – in einem Gemeindebau in Wien-Floridsdorf. Wie kann so etwas geschehen? Zuletzt hatte noch niemand eine abschließende Antwort auf diese Frage; als wahrscheinlichste Ursache kommt wohl eine psychische Erkrankung der Mutter in Betracht.
Rückblende: Am Dienstag melden sich Bewohner des Gemeindebaus in der Werndlgasse bei der Polizei. Ihnen kommt der Geruch, der aus einer bestimmten Wohnung dringt, verdächtig vor. Tatsächlich: In der Wohnung werden drei Leichen gefunden. Jene der 45-jährigen Mutter und ihrer Zwillingstöchter. Nichts deutet auf ein Gewaltverbrechen hin. Die Toten weisen keine Spuren äußerlicher Einwirkung auf.

Am Donnerstag gab Polizeisprecher Patrick Maierhofer bekannt, dass die Obduktion zu einem dramatischen Ergebnis gekommen sei: Tod durch Verhungern. Eine erste toxikologische Untersuchung habe keine Hinweise auf Vergiftungen erbracht. Genauere Untersuchungen würden noch vorgenommen. Klar ist laut Polizei aber auch: In der Wohnung wurden keinerlei Lebensmittel gefunden. Als Todeszeit gilt Ende März, Anfang April.

Mutter im Frauenhaus

Die Familie galt als unauffällig und zurückgezogen lebend. Nachbarn berichteten, dass die drei Personen – wenn überhaupt – meist nur zu dritt außer Haus gegangen seien. Zuletzt war in Erfahrung zu bringen, dass die Mutter offenbar schon längere Zeit an einer psychischen Erkrankung gelitten hatte. Möglicherweise standen die Töchter so sehr im Bann der 45-Jährigen, dass sie der Frau nicht von der Seite wichen – und gemeinsam mit dieser in den Tod gingen.

Auch das Jugendamt, MA 11, kannte die Familie. Die Frau (sie ist serbischer Abstammung) hatte schon vor Jahren Schutz vor ihrem damaligen Partner gesucht und war mit den Töchtern in ein Frauenhaus gezogen. Dreimal, in den Jahren 2013, 2014 und 2015. Später gab es den Verdacht der Vernachlässigung der Töchter. Das Jugendamt schaltete sich ein. „Wir haben die Familie vor zwei Jahren betreut“, bestätigte MA-11-Sprecherin Andrea Friemel der „Presse“. Hausbesuche seien gemacht worden. Jedoch: „Die Befürchtung, dass das Jugendwohl gefährdet sei, hat sich nicht erhärtet.“

Das Amt sei bei der Suche nach Lehrstellen für die damals 16-jährigen, in ihrer Reife verzögerten Jugendlichen behilflich gewesen. Beide Töchter seien an einen Verein vermittelt worden, der Jugendliche in schwierigen Situationen an das Berufsleben heranführt. Friemel: „Dann wurde das Abklärungsverfahren der MA 11 abgeschlossen. Seit 2017 hat sich auch niemand mehr bei uns gemeldet.“ Warum die Familie nun auf diese tragische Art ihr Leben verlor, könne sich das Jugendamt nicht erklären.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2019)

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