Rot-Grün: Stadtregierung soll kleiner werden

(c) Michaela Seidler
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Die große Verhandlungsrunde am Montag brachte noch kein Ergebnis. In Sparzeiten könnte aber die Stadtregierung verkleinert werden und das mit einigen Auswirkungen. Stimmung war gut, das Ergebniss aber nicht.

Wien. Die Stimmung während der vier Stunden war gut, das Ergebnis war es nicht: Deshalb muss die große Verhandlungsrunde, die am Montag dem rot-grünen Koalitionsabkommen im Roten Salon des Rathauses den letzten Schliff verpassen sollte, nochmals tagen. Aus Verhandlungskreisen ist zu hören, dass eine weitere große Runde am Mittwoch oder Donnerstag das Koalitionsabkommen fixieren soll. Durchgesickert ist aber:

•Kleinere Stadtregierung. Die Grünen drängen massiv darauf, die Stadtregierung zu verkleinern; die SPÖ ist diesem Plan nicht abgeneigt. Einerseits sei das in Zeiten des Sparpakets ein positives Signal an die Bevölkerung. Andererseits hätte das den Effekt, dass die FPÖ ihren vierten nicht amtsführenden Stadtrat verlieren würde, ist aus SP-Kreisen zu hören – was in roten und grünen Reihen für Genugtuung sorgen würde. Somit müsste der Donaustädter Gemeinderat Anton Mahdalik, den FP-Chef Heinz-Christian Strache bereits für diesen Job nominiert hat, den Posten räumen, bevor er ihn überhaupt angetreten hat. Für die VP hätte das keine Auswirkungen. Sie bliebe bei einem nicht amtsführenden Stadtrat, der ursprünglich Wolfgang Gerstl heißen sollte.

Fest steht: Für eine rot-grüne Koalition gibt es jetzt – und auch in Zukunft – einige Hürden:

•Verkehr & Finanzen. Die Runde am Montag konnte Meinungsverschiedenheiten im Bereich der gemeinsamen Verkehrspolitik bzw. der Finanzierung von grünen Wunschprojekten noch nicht ausräumen.

Grüne Landesversammlung. Bevor Maria Vassilakou Vizebürgermeisterin einer rot-grünen Koalition wird, muss noch das höchste Gremium der Wiener Grünen, die Landesversammlung, den Pakt absegnen. „Bei einer Landesversammlung ist prinzipiell immer alles möglich“, ist aus Parteikreisen zu hören. Trotzdem ist die Spitze um Vassilakou sicher, dass die „Basis“ zustimmt – also die Delegierten –, selbst wenn mit heftigen Diskussionen zu rechen ist: „Für den einen oder anderen wird es wohl schmerzliche Einschnitte geben“, sagt der grüne Bezirksvorsteher in Wien-Neubau, Thomas Blimlinger, gegenüber der „Presse“.

Wie die Partei mit dieser Situation umgeht, wird sich bereits im Laufe dieser Woche weisen. Bevor der Koalitionspakt der Landesversammlung präsentiert wird, wird er intern in der sogenannten Landeskonferenz (der „Parteispitze“) besprochen. Es ist dies ein Gremium aus Vertretern der Bezirke, des Rathausklubs, der Teilorganisationen und des Vorstands.

•Regierung statt Opposition. Die Grünen waren bisher die schärfste Kontroll- und Oppositionspartei in Wien. Nun müssen die Mandatare den Wechsel von der Oppositions- auf die Regierungsbank vollziehen. In der Praxis bedeutet das: Beim Thema „Bürgerinitiativen“ stehen die Grünen plötzlich auf der anderen Seite – Oppositionspolitik auf der Regierungsbank (Stichwort: Proteste gegen Augarten-Verbauung, Bürgerinitiativen etc.) wird Michael Häupl nicht akzeptieren. „Jeder Kompromiss bringt Enttäuschungen“, meint Blimlinger, „das wird auch hier der Fall sein“.

Die Mühen der Ebene. Die Verhandlungen des Koalitionsabkommens sind eine Sache. Die Einhaltung in der Praxis ist eine andere. Bisher nahmen es die Grünen mit dem Klubzwang nicht so genau – womit es durchaus vorkam, dass Mandatare gegen die Parteilinie stimmten.

Es wird an der grünen Parteispitze liegen, diese Form von Selbstverwirklichungsfantasien grüner Abgeordneter zu unterbinden. Einerseits schätzt es der Bürgermeister nicht besonders, wenn auch nur ein Mandatar des Koalitionspartners gegen eine gemeinsame Regierungsvorlage stimmt. Andererseits sind „Unfälle“, bei denen ein rot-grüner Beschluss zu Fall gebracht wird, ohne Klubzwang nur eine Frage der Zeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2010)

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