Mit Druck, Sand und Maisstärke: Wie Gas aus dem Stein gesprengt wird

„Fracking“. Warum die Förderung von Schiefergas kompliziert ist.

Wien/Gr. Schiefergas gilt als eine der großen Zukunftshoffnungen, um den Gasbedarf der Welt zu stillen: Die konventionellen Erdgasreserven sollen nämlich maximal bis 2070 reichen. Weil aber ein Vielfaches davon in sogenannten „unkonventionellen“ Depots – darunter fällt das Schiefergas – lagert, suchen die Energiekonzerne der Welt seit Jahrzehnten nach Methoden, auch diese anzapfen zu können.

Eine davon ist „Fracking“, kurz für „Hydraulic Fracturing“ (hydraulisches Splittern), mit dem die USA 1949 begonnen haben. Heute sind sie dadurch fast unabhängig von Gasimporten: Mit rund 90 Milliarden Kubikmetern im Jahr gewinnen sie rund 14 Prozent ihres Verbrauchs aus Schiefergas.

Chemisch gesehen ist Schiefergas ident mit konventionellem Erdgas, es besteht im Wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen mit einem überwiegenden Anteil an Methan. Der Unterschied besteht in der Lagerung: Wo das konventionelle Gas in Blasen lagert, ist Schiefergas in Gesteinsschichen eingeschlossen.

Um es daraus zu fördern, ist eben das „Fracking“ notwendig (siehe Grafik rechts): Dabei wird ein Gemisch aus Millionen Litern Wasser, Sand und Chemikalien in den Stein gepumpt – der unter dem Druck zerbirst und das Gas freigibt, während der Sand die Öffnungen stabilisiert.

Gefahr nur bei Schlamperei

Bei der Förderung in den USA ist es infolge des Frackings in mehreren Fällen zu Zwischenfällen gekommen, bei denen einerseits verwendete Chemikalien, andererseits auch Gas an die Oberfläche und in das Grundwasser gekommen sind. Einer aktuellen unabhängigen Studie der Universität Austin, Texas, zufolge liegt das aber nicht an der Methode an sich, sondern an mangelnder Sorgfalt seitens der fördernden Unternehmen – und mangelnder Kontrolle der Technik durch den Staat. Wird sie ordnungsgemäß angewandt, schließen die Forscher, bestehe keine Gefahr für das Trinkwasser.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Herbert Hofstätter von der Montanuniversität Leoben, der derzeit gemeinsam mit der OMV das neue „Clean Fracking“-Verfahren entwickelt. „Wenn alle durchbohrten Gesteinsschichten durch eine einzementierte Verrohrung abgedichtet werden, kann eine Kommunikation mit einem Grundwasserspeicher niemals stattfinden“, so Hofstätter – das eigentliche „Fracking“ gehe dann so weit unter der Erde vor sich, dass eine Freisetzung von Gas oder Chemie ausgeschlossen sei, solange die Leitungen dicht sind.

Überhaupt soll das neue Verfahren ganz ohne Chemikalien auskommen: Hofstätter sucht derzeit nach der perfekten Mischung von Wasser, Sand und Maisstärke, die dieselben Eigenschaften erfüllt wie der normalerweise eingesetzte Chemie-Cocktail. Damit solle das „Fracking“ nicht nur schonender, sondern auch wirtschaftlicher werden, hofft Hofstätter.

Bis es zum Einsatz des „Clean Fracking“ kommen könne, brauche es aber noch weitere Versuche: „Ich schätze etwa zwei Jahre“, sagt Hofstätter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2012)

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