Rumänien: Basescu kehrt ins Präsidentenamt zurück

(c) AP (Vadim Ghirda)
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Das rumänische Verfassungsgericht hat den Volksentscheid zur Absetzung des Staatschefs Traian Basescu für ungültig erklärt. Die Bukarester Regierung scheint das Urteil zu akzeptieren - vorerst zumindest.

Belgrad/Bukarest. Alle Winkelzüge in Rumäniens erbittertem Machtstreit waren vergebens. Am Dienstag erklärte das Verfassungsgericht mit 6:3 Stimmen das Referendum zur Absetzung des seit Anfang Juli suspendierten Präsidenten Traian Basescu wegen einer zu geringen Wahlbeteiligung für ungültig. Der konservative Quälgeist im Präsidentenpalast bleibt damit der linksliberalen Regierung von Premier Viktor Ponta weiter erhalten.

Der frühere Seekapitän Basescu steht damit vor einer Rückkehr an das Steuerruder der Macht, hat aber noch ein letztes Hindernis zu umschiffen: Das Urteil des Gerichtshof muss in dem von der Regierung kontrollierten Amtsblatt veröffentlicht werden. Die Entscheidung des Gerichts werde umgesetzt, auch wenn sie „gegen die demokratischen Spielregeln“ sei, versicherte in einer ersten Reaktion Regierungschef Ponta: Er hoffe und wünsche sich eine Beendigung der Krise, die Rumänien „verletzt“ habe.

Seinem Unmut über den unfreiwilligen Abschied vom weniger als zwei Monate gehaltenen Amt ließ hingegen Interimspräsident Crin Antonescu freien Lauf. Als „unfair“ bezeichnete der Chef der Nationalliberalen die Entscheidung des Gerichts, das den „Willen der echten Mehrheit“ ignoriere: Basescu sei ein „illegitimer Präsident“.

Seit das linksliberale Parteienbündnis USL Ende Mai auf die Regierungsbank rutschte, wird der Karpatenstaat von einem erbitterten Machtstreit zwischen dem sozialistischen Jungpremier Ponta und dem konservativen Präsidenten Basescu gelähmt. Die verfassungsrechtlich fragwürdigen Manöver, mit der die Regierung den unpopulären Landesvater aus dem Amt kippen wollte, waren nicht nur bei der konservativen Opposition, sondern auch in der EU und in Washington auf heftige Kritik gestoßen.

Keine Beanstandung der Wählerlisten

Bei dem von der Regierung erzwungenen Referendum hatten Ende Juli zwar 87 Prozent der Wähler für die Absetzung von Basescu gestimmt. Doch lag die Wahlbeteiligung mit 46 Prozent klar unter dem erforderlichen Quorum von mindestens 50 Prozent. Die Regierung zweifelte danach die Gültigkeit der Wahllisten an und erhob Einspruch beim Verfassungsgericht. Durch die nachträgliche Absenkung der Wählerzahl wollte man die Wahlbeteiligung doch noch über das für eine Gültigkeit des Urnengangs notwendige Quorum hieven. Das Verfassungsgericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Die Mehrheit des Gerichts sei der Meinung, dass die nötige Quote von über 50 Prozent bei der Abstimmung nicht erreicht worden sei, erklärte der vorsitzende Richter Augustin Zegrea.

Noch am Vorabend der Urteilsverkündigung hatte Antonescu die Aussichten für eine Rückkehr von Basescu in den Cotroceni-Palast als „minimal“ bezeichnet, da für die USL ein 5:4-Votum nicht akzeptabel sei. Doch die Rechnung der USL ging nicht auf. Trotz großen Drucks der Regierungsparteien sah eine Zweidrittelmehrheit der Richter die Bedingungen für eine Gültigkeit des Referendums nicht erfüllt. In einer ersten Twitter-Reaktion rief Hannes Swoboda, Chef der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, seine rumänischen Parteifreunde auf, das Urteil des Verfassungsgerichts zu akzeptieren.

Doch ein Ende des Machtkampfs scheint vor den Parlamentswahlen im November eher nicht in Sicht. Vor allem nationalliberale Politiker schlossen in ersten Reaktionen einen neuen Anlauf zur Amtsenthebung von Basescu nicht aus. Neuer Ärger mit der EU scheint zumindest den entthronten Interimspräsidenten nicht zu schrecken. „Wir sind zwar Teil der EU und der Nato“, so der verbitterte Antonescu: „Aber keiner kann hier wie in einer Kolonie diktieren.“

Auf einen Blick

Rumäniens suspendierter Präsident Traian Basescu steht nach dem gestrigen Urteil des Verfassungsgerichts vor der Rückkehr ins Amt. Das Gericht erklärte ein Referendum zu seiner Absetzung für ungültig, da das erforderliche Quorum an Stimmen nicht erreicht worden war. In dem Ende Juli abgehaltenen Referendum hatten 87 Prozent für eine Absetzung gestimmt – insgesamt hatten sich aber zu wenige Menschen am Votum beteiligt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2012)

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