Der Mann, der Montenegro „befreien“ will

Miodrag Lekić
Miodrag Lekić EPA/BORIS PEJOVIC
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Oppositionskandidat Lekić hat kaum eine Chance gegen den Amtsinhaber aus der seit mehr als 20 Jahren regierenden Djukanović-Partei. Er versucht sie dennoch zu nützen und wettert gegen grassierende Korruption.

Belgrad/Podgorica. Die Umfragen geben Miodrag Lekić keine Chance. Aber davon will sich Montenegros Oppositionschef vor der Präsidentschaftswahl am Sonntag nicht beirren lassen: Es sei höchste Zeit, dass sich Montenegro „aus dem Sumpf seiner korrupten Mafia-Realität“ ziehe, so das Credo des früheren Außenministers: Es gebe die Chance, mit dem Präsidentenamt wenigstens eine, aber eine sehr wichtige Institution des Staates zu „befreien“. Laut den Prognosen, die Lekić zehn Prozent Rückstand auf Amtsinhaber Filip Vujanović vorhersagen, ist diese Chance allerdings äußerst gering.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten halten der geschäftstüchtige Premier Milo Djukanović und sein Clan die Zügel im Land der schwarzen Berge fest in der Hand. Es gelang Djukanović zwar, sich frühzeitig vom Belgrader Machthaber Slobodan Milošević abzugrenzen, was dem Land im Westen einen Vorteil gegenüber Serbien verschaffte, doch unter seiner Ägide erwarb sich der seit 2006 endgültig unabhängige EU-Anwärter das Image als Tummelplatz für zweifelhafte Geschäftsleute. Dennoch hat seine Demokratische Partei der Sozialisten in den vergangenen 20 Jahren fast jede Wahl gewonnen.

Und auch dieses Mal zieht sein Statthalter Vujanović trotz tiefer Wirtschaftskrise als klarer Favorit in das Duell um das Präsidentenamt: Laut der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Cedem kann der 58-jährige Amtsinhaber mit 54,7 Prozent der Stimmen rechnen. Der Wahlkampfstab von Lekić zweifelt diese Zahlen an: Sie seien Teil der „Propaganda“ der regierenden DPS, deren Ziel die Verbreitung von „Apathie“ und das Absinken der Wahlbeteiligung sei, so Wahlkampfleiter Koce Pavlović: Sollte die Wahlbeteiligung ähnlich hoch ausfallen wie bei der letzten Parlamentswahl, werde der Oppositionskandidat „überzeugend“ gewinnen.

Gegner der Unabhängigkeit

Tatsächlich geht der 67-jährige Herausforderer als krasser Außenseiter ins Rennen. Dabei scheinen die Bedingungen für die Opposition so gut wie selten zuvor. Zog sie 2008 noch mit drei Kandidaten in die Wahl, so hat die traditionell zersplitterte Opposition sich mit Lekić erstmals auf einen gemeinsamen Hoffnungsträger verständigt. Der DPS machen nicht nur die anhaltende Rezession und der drohende Bankrott des Aluminiumwerks von Podgorica, sondern auch Skandale zu schaffen: Zu Monatsbeginn veröffentlichte die Zeitung „Dan“ Abschriften von Tonmitschnitten aus der DPS-Zentrale vor der Parlamentswahl 2012: Diese belegten, dass die Regierungspartei staatliche Ressourcen und ihren Einfluss bei den Staatsunternehmen zur Mobilisierung ihrer Wahlklientel nutzte.

Mit Vorwürfen wird nicht gespart. Der Herausforderer wirft dem Amtsinhaber vor, ein willenloser Erfüllungsgehilfe von „Zar Milo“ zu sein. Premier Djukanović erinnert hingegen immer wieder daran, dass Lekić beim Referendum über die Unabhängigkeit 2006 gegen die Loslösung Montenegros aus dem Staatenbund mit Serbien gewesen sei: Es sei undenkbar, dass der Oppositionskandidat als Präsident irgendeine Entscheidung zugunsten Montenegros treffen könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2013)

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