NSA: Das Enthüllungsduo hinter Snowden

Der Journalist Glenn Greenwald (l.) umarmt seinen Partner David Miranda auf dem Flughafen in Rio de Janeiro. Miranda wurde zuvor in London festgehalten.
Der Journalist Glenn Greenwald (l.) umarmt seinen Partner David Miranda auf dem Flughafen in Rio de Janeiro. Miranda wurde zuvor in London festgehalten.(c) REUTERS (RICARDO MORAES)
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In London wurde der Partner des NSA-Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald stundenlang befragt. Dessen amerikanische Kollegin Laura Poitras kennt das Prozedere: Auch sie wurde schon einmal festgehalten - in Wien.

Wien/Duö. Neun Stunden – länger dürfen die britischen Behörden keine Verdächtigen auf Flughäfen, an Grenzen oder Häfen für Befragungen festhalten. Knapp neun Stunden hat am Sonntag auch die Befragung von David Miranda gedauert, ehe er den Londoner Flughafen Heathrow wieder verlassen durfte. Zwar ohne Anzeige – er wurde aufgrund des Verdachts auf Terrorismus festgehalten –, aber auch ohne seine elektronischen Geräte. Sie wurden konfisziert.

Die Befragung David Mirandas ist eine hochsensible Angelegenheit. Der 28-jährige Brasilianer ist der Lebensgefährte des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald, der die Überwachungs- und Spionageaffäre – Stichwort: NSA – öffentlich machte. Miranda sei zu den NSA-Enthüllungen befragt worden, schreibt Greenwald in einer Stellungnahme im „Guardian“. Der Vorfall sei ein Angriff auf den unabhängigen Journalismus. Er lasse sich dadurch nicht einschüchtern.

Vor seiner Ankunft in London ist Miranda in Berlin gewesen, wo er Laura Poitras besuchte. Die beiden US-Bürger Poitras und Greenwald übernehmen gleichermaßen eine Schlüsselrolle im NSA-Enthüllungskrimi. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hatte sie auserkoren, um seine brisanten Geheimdienst-Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen. Die beiden haben sich als kongeniales Duo erwiesen.

Poitras ist Filmemacherin. Sie hat noch vor Bekanntwerden des Folterskandals eine Dokumentation über das irakische Abu-Ghraib-Gefängnis gedreht. Ihre Arbeit an weiteren Filmen über die US-Besetzung des Irak brachte ihr eine Oscar-Nominierung, aber auch eine verstärkte Überwachung durch amerikanische Behörden ein.

Verschlüsselte Mails

Im Jahr 2006 sei sie auf dem Wiener Flughafen festgehalten worden, gibt Poitras in einem „New York Times“-Artikel zu Protokoll. Das Sicherheitspersonal habe ihr gesagt, dass sie gekennzeichnet sei. Die US-Regierung halte andere Länder an, diese Personen zu stoppen. Nach der Befragung durfte Poitras nach New York weiterfliegen.

Edward Snowden kontaktierte Poitras, die gerade an einem Film über Überwachung arbeitete, mit einer verschlüsselten Mail. Das war im Jänner. Poitras reagierte zunächst skeptisch und fragte sich, ob Snwodens Behauptungen über die NSA-Überwachungen glaubwürdig sind. Erst allmählich fasste sie Vertrauen, ohne allerdings zu wissen, wer die Person hinter den verschlüsselten Mails war. Snowden selbst hatte zuvor mehrmals versucht, Greenwald zu kontaktieren. Greenwald, Jurist und Journalist, war ihm als Kritiker der behördlichen Überwachung bekannt. In den USA ist der „Guardian“-Kolumnist Greenwald kein Unbekannter; drei seiner vier Bücher über gesellschaftspolitische Themen waren auf der „New York Times“-Bestsellerliste zu finden.

Kontakt lief über Assange

Auf Snowdens Kontaktaufnahme hat Greenwald nicht reagiert, auch wenn Snowden hartnäckig geblieben ist. Erst Poitras hat ihn auf die NSA-Dokumente aufmerksam gemacht. Poitras und Greenwald lernten einander vor drei Jahren kennen, als beide über die Enthüllungsplattform WikiLeaks und ihren Sprecher Julian Assange berichten wollten.

Poitras als „Keyser Söze“

In der Folge hat Snowden Greenwald und Poitras mit NSA-Material gefüttert. Wer Snowden war, wussten sie damals immer noch nicht. Das erste Treffen fand Anfang Juni in Hongkong statt. Beide zeigten sich überrascht, wie jung Snowden (30) eigentlich ist. In Hongkong platzte auch die NSA-Bombe (von dort aus reiste Snowden weiter nach Moskau, wo er tagelang auf dem Flughafen festgehalten wurde, ehe ihm Russland Asyl für ein Jahr gewährte). In den USA wollten Greenwald und Poitras nicht arbeiten. Greenwald wohnt ohnehin in der Nähe von Rio de Janeiro, Poitras arbeitet hauptsächlich in Berlin. Sie treffen einander oft in Rio.

Greenwald ist derjenige, der sich im Vordergrund bewegt. Als Snowden auf dem Moskauer Flughafen festsaß, war er so etwas wie sein Sprecher. Es war auch Greenwald, der noch mehr Enthüllungen in der Causa angekündigt hat. Mit Snowden telefoniere er täglich. Poitras hingegen bevorzugt die hinteren Reihen. Dabei ist sie die Architektin und Dirigentin der Enthüllungen, die Verbindung zwischen Snowden und Greenwald. Greenwald nennt sie ironisch Keyser Söze. So hieß der Gangsterboss, der im Film „Die üblichen Verdächtigen“ die Strippen zieht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2013)

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