Kurz sieht EU-Beitritt der Ukraine skeptisch

PODIUMSDISKUSSION - ´10 YEARS OF EU-INTEGRATION´: KURZ
PODIUMSDISKUSSION - ´10 YEARS OF EU-INTEGRATION´: KURZ(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Außenminister Sebastian Kurz verwies am Donnerstagabend auf die positiven Erfahrungen der EU-Osterweiterung. Er will neue Impulse für die Erweiterungspolitik.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) fordert neue Impulse in der EU-Erweiterungspolitik. Ein "Mehr an Erweiterungsperspektive" wäre eine Antwort auf die Frustration viele Bürger, sagte Kurz am Donnerstagabend bei einer Festveranstaltung zum zehnten Jahrestag der großen EU-Osterweiterung in Wien. Skeptisch äußerten sich er und mitteleuropäische Amtskollegen zu einem EU-Beitritt der Ukraine.

Die EU müsse sich weiterentwickeln, damit sie international nicht den Anschluss verliere, betonte Kurz. "Wir brauchen als Antwort auf die Frustration ein Mehr an Transparenz, ein Mehr an Mitsprachemöglichkeit und ein Mehr an Erweiterungsperspektive für die Länder, die noch nicht Mitglied werden konnten", sagte er mit Blick auf die Westbalkan-Staaten. Er verwies auf die positiven Erfahrungen der Erweiterungsrunde 2004, von der nicht nur die Neumitglieder profitiert hätten, sondern die auch Österreich ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent jährlich beschert habe. Dies müsse man sich "in Erinnerung rufen, wo immer mehr Kritik an der EU laut wird".

Allerdings müsse die EU ihre Partnerschaftsmodelle "überdenken", weil sie "mit dem reinen Streben nach Erweiterung Länder wie Moldau oder die Ukraine in eine Zerreißprobe gedrängt" habe. Für diese Länder müsse es Lösungen geben, die "keine Entweder-Oder-Entscheidung" bedeuten.

"Die Erweiterung ist noch nicht abgeschlossen", betonte der slowenische Außen-Staatssekretär Igor Sencar in der anschließenden Podiumsdiskussion. Anders als Kurz führte er auch die Türkei und die östlichen Nachbarstaaten der EU als potenzielle Kandidatenstaaten an. Er beklagte, dass sich die EU-Politiker immer weniger von strategischen Überlegungen leiten ließen, weil sie nur daran denken, "welche Politik populär ist".

Zurückhaltender äußerte sich der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak. "Die Erweiterung ist keine humanitäre Angelegenheit, sie muss Europa mit jedem Mitglied stärker machen", sagte er. So zeige sich auf dem Westbalkan, dass die Beitrittsperspektive allein keine Fortschritte bringe, weil die Politiker "ihre Hausaufgaben nicht machen", sagte der frühere internationale Bosnien-Beauftragte. Auch über einen EU-Beitritt der Ukraine oder Moldaus solle man jetzt nicht reden. Diese Staaten seien nämlich in dieser Frage "gespalten und haben sich noch nicht entschieden".

Der slowakische Minister beklagte, dass sich die Menschen zu viel über die EU beschweren. "Es gibt keinen besseren Klub als die EU. Wenn mir jemand einen besser funktionieren Klub auf diesem Planeten zeigt, dann können wir gerne darüber reden", forderte Lajcak die EU-Kritiker heraus.

Die ungarische Europa-Staatssekretärin Eniko Györi strich die "transformierende Kraft" der EU-Beitrittsperspektive hervor und verwies auf die Fortschritte im jüngsten Mitgliedsstaat Kroatien. Zugleich warnte sie davor, dass Brüssel die Mitgliedsstaaten "wie Schüler behandelt", weil dies der europäischen Idee schade. Zugleich betonte sie, dass Budapest derzeit "keine offenen Fragen" mit Brüssel habe. "Die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn liegt unter dem EU-Durchschnitt", behauptete sie.

Erste-Bank-Chef Andreas Treichl zeichnete ein pessimistisches Bild der Situation in den neuen Mitgliedsstaaten. Tatsächlich würden diese wegen fehlender wirtschaftlicher Perspektiven unter einer massiven Abwanderung leiden. "Wir müssen diesen jungen Menschen wieder Hoffnung geben". Die Lösung sieht er in einer wirtschaftsliberalen Politik. "Spielen wir doch China und bauen wir eine Autobahn in einem Jahr statt in 30", sagte der Bankmanager.

"Europa sollte der Leuchtturm für die Welt sein", sagte der Chef der slowenischen IT-Firma Datalab, Andrej Mertelj. Die EU sei erfolgreich dabei gewesen, die Märkte zu öffnen, zeichnete er ein gänzlich anderes Bild als der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch. Dieser hatte in seinem Eingangsstatement den "Regulierungswahn" in der EU kritisiert und die Hoffnung geäußert, dass Österreich und seine mitteleuropäischen Nachbarn die EU gemeinsam in Richtung "mehr Freiheit für die Menschen und mehr Freiheit für die Wirtschaft" bewegen können.

(APA)

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