Mailand: Prozess gegen 26 CIA-Agenten vertagt

Die angeklagten CIA-Agenten haben den terrorverdächtigen Ägypter Abu Omar 2003 in Mailand entführt. Zum ersten Prozess dieser Art in Europa werden sie nicht erscheinen.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag in Mailand der Prozess gegen 26 Agenten des US-Auslandsgeheimdienstes CIA begonnen. Ihnen wird die Entführung des ägyptischen Terrorverdächtigen Abu Omar vorgeworfen wird. Wenige Stunden nach dem Beginn wurde der Prozess vertagt. Er soll am 18. Juni fortgesetzt werden, sagte der Mailänder Richter Oscar Magi. Dann wird das Gericht darüber entscheiden, ob der der Prozess augesetzt wird. Die Verteidigung hat einen entsprechenden Antrag eingebracht. 

Es handelt sich um den ersten Prozess dieser Art in Europa. Vor Gericht muss sich in diesem Fall auch der Ex-Chef des italienischen Militärgeheimdienstes SISMI, Nicolo Pollari, verantworten. Insgesamt sind in dem Verfahren 33 Personen angeklagt.

Entführter kommt als Zeuge und Zivilkläger

Die Rechtsanwälte von Abu Omar erklärten, dass ihr Mandant als Zeuge vor Gericht aussagen wird. "Abu Omar ist bereit, die Verhaftung in Italien zu riskieren, um vor Gericht auszusagen", sagte der italienische Verteidiger des Ägypters. Der Rechtsanwalt erklärte, dass sein Mandant als Zivilkläger am Prozess teilnehmen und eine Entschädigung verlangen wird.

Agenten erscheinen nicht

Die US-Regierung kündigte an, dass die angeklagten Mitarbeiter des Geheimdienstes nicht erscheinen werden. Das Verfahren gegen die CIA-Agenten löste Spannungen zwischen Italien und der US-Regierung aus. Der Prozess beginnt ausgerechnet am Tag des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Rom.

Abu Omar war nach Ermittlungen der italienischen Staatsanwaltschaft im Februar 2003 von CIA-Agenten in Mailand auf offener Straße entführt und über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland nach Ägypten gebracht worden, wo er nach eigenen Angaben gefoltert wurde. Ihm wurden Verbindungen zu internationalen Terrornetzwerken vorgeworfen. Abu Omar saß mit kurzen Unterbrechungen vier Jahre in Haft, erst kürzlich ließen ihn die ägyptischen Behörden frei.

10 Millionen Euro Entschädigung gefordert

Abu Omar will vor Gericht "auspacken". Er will Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi anklagen: Berlusconi soll von der Aktion gewusst haben. "Wir verlangen zehn Millionen Euro Entschädigung", sagte Abu Omar kürzlich. "Ich bin ein menschliches Wrack", erklärte der Ägypter, der den bürgerlichen Namen Hassan Mustafa Osama Nasr trägt. "Ich muss heute an beiden Ohren ein Hörgerät tragen." Die Schwerhörigkeit sei Folge der Folter.

Eine wichtige Rolle wird im Prozess auch Ex-Geheimdienstchef Pollari spielen. Dieser zitierte zu seiner Entlastung einen Brief an die Regierung, aus dem hervorgehen soll, dass diese über die bevorstehende Entführung Abu Omars informiert war. Der heutige Oppositionsführer Berlusconi, der beteuerte, er habe von der Zusammenarbeit von SISMI und CIA bei der Entführung des angeblich mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundenen Imams nichts gewusst, war damals Premier. Auch die Regierung Prodi sei über die Rolle des SISMI bei der Entführung des moslemischen Geistlichen informiert worden, meinte Pollari.

(Ag./Red.)

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