Gelbe Rebellion in Bangkok

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Fanatische Demonstranten halten den Flughafen der Hauptstadt besetzt. Der mächtige Armeechef fordert Neuwahlen. Doch die Regierung will nicht weichen.

BANGKOK. Bangkoks internationaler Flughafen Suvarnabhumi einmal ganz anders: dröhnende Lautsprecher, montiert auf einem Truck, der einen der Eingänge versperrt. Und ein Meer von Demonstranten in Gelb, der Farbe des Königshauses. Es sind Anhänger der sogenannten „Volksallianz für Demokratie“, kurz PAD.

Sie essen, tanzen, schlafen. Doch die Volksfeststimmung ist nur schöner Schein. Dahinter steckt ein knallharter Machtkampf. In der Nacht zuvor hatten sie den Hauptterminal des Flughafens gestürmt. Flughafenmitarbeiter berichteten von Rangeleien mit der Polizei. „Wir übernehmen jetzt die Kontrolle“, riefen die Anhänger der PAD. Passagiere und Personal rieben sich zunächst ungläubig die Augen: Eine Truppe von teils vermummten und bewaffneten Demonstranten, die später auch noch den Kontroll-Tower okkupierte, übernahm die Kontrolle auf einem Hochsicherheitsgelände.

„Wir bleiben so lange, bis Somchai Wongsawat, der Vertreter einer korrupten Regierung, zurücktritt“, ruft eine ältere Thai mit rot gefärbtem Bubikopf. „Wir tun das doch nicht nur für uns, sondern für die nächste Generation“, fügt ein ergrauter Mann hinzu, der sich nur als „Eddy“ vorstellt. „Wenn wir keinen Erfolg haben, dann packen wir ein und gehen nach Hause“, sagt er weiter. „Aber glauben Sie mir, wir werden siegen.“

Alte antidemokratische Elite

Dass sie siegen werden, peitschen die PAD-Anführer ihren Anhängern seit Monaten ein. Spätestens seit die außerparlamentarische Opposition Ende August den Regierungssitz gestürmt hatte, den sie seitdem besetzt hält. Die Somchai-Regierung war gezwungen, sich neue Arbeitsräume im alten Flughafen Don Muang zu suchen.

Ihrem Namen zum Trotz ist die „Volksallianz für Demokratie“ alles andere als demokratisch: Hinter der „Volksallianz“ steht eine alteingesessene Elite aus Militärs, Aristokraten, Technokraten und Geschäftsleuten. Der PAD geht es dabei vor allem um die Abrechnung mit Rivalen. Insbesondere mit Expremier Thaksin Shinawatra, der erst kürzlich seinen Feinden gedroht hat: „Ich werde eines Tages wieder Premierminister von Thailand sein.“ Thaksin war durch die Stimmen der armen Reisbauern im Norden und Nordosten an die Macht gekommen. Doch genau dieser jahrelang vernachlässigten Klientel spricht die PAD die politische Mündigkeit ab.

Die PAD will Chaos schaffen. Genau das ist ihr durch die Flughafenblockade gelungen: Mindestens 3000 Reisende sitzen den ganzen Morgen auf Suvarnabhumi fest. Einige schlafen neben Kofferbergen, andere haben es sich auf den Drehstühlen an den Check-in-Schaltern gemütlich gemacht. Manchen knurrt der Magen, weil sie seit dem Abend nichts zu essen bekommen haben. Zwei ältere Damen aus dem australischen Brisbane schauen ratlos zu den Anschlagtafeln, auf denen knallrot das Wort „Cancelled“ aufleuchtet.

Medienmogul als Strippenzieher

Ein junges Paar ist frustriert, weil es nirgendwo Informationen zur Lage gibt. Beide aber bleiben freundlich und gelassen. Warnhinweise aus Europa hatten gelautet: Haltet euch von den Demonstranten fern. „Wie soll das denn funktionieren“, sagen sie und müssen trotz ihres Frusts grinsen, „die laufen hier auf dem Flughafen doch alle naselang an uns vorbei.“

Die Besetzung von Suvarnabhumi diente als spektakuläre PR-Aktion der PAD-Führung. Denn der ultranationalistische Medienmogul, Sondhi Limthongkul, sowie Exgeneral Chamlong Srimuang, die beiden Strippenzieher, hatten bereits am Wochenende zur „letzten Entscheidungsschlacht“ gegen die Regierung getrommelt.

„Dies ist kein Putsch“

Doch die Regierung denkt nicht an Rücktritt, wie ein Sprecher klarmacht. Und das genau zu diesem Zeitpunkt, als Thailands mächtiger Armeechef Anupong Paochinda vor die Medien tritt und folgendes „empfiehlt“: die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen. Zugleich fordert er die Demonstranten unmissverständlich auf, die Flughafenblockade zu beenden. „Dies ist kein Putsch“, versichert Anupong, der einen weiteren Staatsstreich nach September 2006 ablehnt.

Gleichzeitig steht aber fest: Die Streitkräfte haben öffentlich Stellung gegen die Regierung bezogen. Auch die PAD denkt nicht ans Aufhören. Anführer Sondhi Limthongkul beharrt darauf, dass Somchai zurücktreten müsse, ehe man überhaupt geruhe, Verhandlungen aufzunehmen.

REISE-EMPFEHLUNGEN

Bangkok-Touristen rät das Wiener Außenministerium derzeit, Menschenansammlungen sowie das Regierungsviertel und das Gebiet rund um den Flughafen zu meiden. Flüge von und nach Österreich wurden bisher noch keine abgesagt. Reiseveranstalter bieten Thailand-Reisenden die Möglichkeit, Flüge gratis umzubuchen oder zu stornieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2008)

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