Mumbai: Drei Attentäter in Taj-Hotel verhaftet, Rest getötet

Anti-Terror - Aktivisten protestieren gegen die Anschläge
Anti-Terror - Aktivisten protestieren gegen die Anschläge(c) Reuters (ARKO DATTA)
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Indische Polizisten haben drei der Attentäter im Hotel Taj Mahal verhaftet, darunter einen Pakistani, und alle anderen getötet. Islamisten hatten zahlreiche Gebäude der Metropole attackiert.

Eine blutige Terrorserie erschüttert die westindische Finanzmetropole Mumbai (früher Bombay). Mitglieder einer islamistischen Organisation attackierten am Mittwochabend mit Schnellfeuergewehren und Handgranaten gleichzeitig mehrere Ziele, darunter Luxushotels, ein Kino, das bei Touristen beliebte Café Leopold, Krankenhäuser und den Hauptbahnhof im Zentrum der Stadt.

Pakistani in Taj-Hotel festgenommen

Indische Sicherheitskräfte haben in dem von bewaffneten Angreifern besetzten Luxushotel "Taj-Mahal" drei Männer festgenommen, unter ihnen einen Pakistani. Wie die Nachrichtenagentur Press Trust of India am Abend unter Berufung auf amtliche Angaben meldete, handelte es sich bei dem Pakistani um einen Mann aus der pakistanischen Stadt Multan. Er und seine Mitkämpfer seien Mitglieder der in Pakistan ansässigen Rebellengruppe Lashkar-e-Taiba, die für die Unabhängigkeit Kaschmirs kämpft.

Mindestens 125 Tote

Die indische Polizei erklärte, es seien mehr als 125 Menschen bei den Anschlägen ums Leben gekommen, unter den Toten seien sechs Ausländer. Unter den Opfern befindet sich der deutsche Medienunternehmer Ralph Burkei. Er starb, als er auf der Flucht vor dem Feuer eine Hotelfassade herunterstürzte. Seine Freundin überlebte schwer verletzt. Auch der Chef der indischen Antiterroreinheit wurde getötet.

Polizei und Armee versuchten am Donnerstag, die Lage in der Stadt unter Kontrolle zu bekommen. In der Millionenmetropole wurde eine Ausgangssperre verhängt. Die Situation bleibt aber chaotisch: Am Donnerstag ereigneten sich mindestens drei Explosionen. In der Umgebung der überfallenen Hotels wird immer noch geschossen. Außerdem haben die Terroristen weiterhin Geiseln in ihren Händen. Der Terror in Mumbai dürfte in die zweite Nacht gehen. Am Donnerstagabend waren in der Finanzmetropole wieder Schüsse und Explosionen zu hören.

Im Süden der Stadt werden offenbar ein jüdischer Rabbi und seine Familie festgehalten. Die Familie sitze in einem Wohngebäude fest, sagte ein Sprecher des jüdischen Verbands von Indien. Der zweijährige Sohn der Familie konnte in Sicherheit gebracht werden.

Luxushotel "Trident-Oberoi" in Flammen

Etwa zwölf Terroristen halten sich in dem Luxushotel "Trident-Oberoi" verschanzt. Nach Einschätzung der Behörden sind dort noch etwa 100 Gäste gefangen, die meisten davon sollen sich in ihren Zimmern eingeschlossen haben.Unter den Geiseln befinden sich nach Angaben des italienischen Außenministeriums auch sieben Italiener, darunter ein Baby.

Jüngsten Angaben zufolge ist in dem Hotel Feuer ausgebrochen. Hohe Flammen schlugen aus den Fenstern der oberen Stockwerke. Zudem fielen fortwährend Schüsse.

Sondereinheiten hatten am Donnerstagmorgen (MEZ) mit der Stürmung des Hotels begonnen. Die ersten vier Stockwerke und die achte bis 21. Etage sind bisher von Sicherheitskräften durchkämmt worden. Die Islamisten im Hotel dürften nur eine kleinere Gruppe von etwa 30 Gästen als Geiseln halten. Sie fordern die Freilassung aller in Indien inhaftierten Islamisten. Einem Bericht von CNN zufolge konnten zehn der Geisel bereits befreit werden.

Eine Jornalistin berichtete vom Ort des Geschehens, sie habe eine laute Detonation vernommen. Auf den Dächern von Gebäuden nahe des Hotels waren Soldaten postiert. Auf einem aus einem Fenster gehängten Transparent war zu lesen "Rettet uns".

Die Geiselnehmer fordern Verhandlungen mit der Regierung. Die Polizei erklärte jedoch, es werde keine Verhandlungen geben: Man werde die Terroristen töten oder festnehmen.

Geiseln aus Gebäudekomplex befreit

Nach Angaben indischer Sicherheitsbehörden sieben Geiseln aus einem Gebäudekomplex befreit worden, in dem sich auch ein Jüdisches Zentrum befindet. Über die Nationalität der befreiten Geiseln war zunächst nichts bekannt. Es könnten aber Ausländer unter ihnen sein. Das ergab sich aus Fernsehbildern, auf denen eine Gruppe von Menschen zu sehen war, die aus der Nariman-Anlage mit Wohnungen und Geschäftsräumen im Zentrum der Stadt geführt wurden.

Islamistische Organisation bekennt sich zu Anschlägen

Zu den Anschlägen hat sich eine islamistische Organisation bekannt. Wie die Nachrichtenagentur Press Trust of India meldete, schickte eine bisher kaum bekannte Gruppe namens "Deccan Mujahedeen" entsprechende E-Mails an mehrere Medien. Die Terroristen sollen unter anderem mit Booten in die auf einer Halbinsel gelegene Stadt eingedrungen sein. In Indien selbst hieß es, die Angreifer kämen aus Pakistan.

Österreicher in Sicherheit

Nach Angaben des Wiener Außenministeriums hat sich ein österreichisches Ehepaar während des Angriffs im "Taj-Hotel" aufgehalten. Es konnte jedoch in ein benachbartes Hotel in Sicherheit gebracht werden. Das Ehepaar soll nun so rasch wie möglich nach Österreich zurückgebracht werden. Gepäck und Reisedokumente befinden sich nach wie vor im Taj-Hotel.

Neben dem Ehepaar ist noch ein weiterer Österreicher von den Terroranschlägen betroffen. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) erklärte, er sei unversehrt, befinde sich aber in einem Hotel in der Nähe des Ortes einer der Geiselnahmen. Das Außenministerium bestätigte Fekters Aussagen. Die österreichische Botschaft in Neu Delhi versucht derzeit, alle bisher von besorgten Angehörigen gemeldeten Österreicher, die sich in Indien aufhalten, telefonisch zu erreichen.

Premier warnt Nachbarländer

Der indische Premierminister Manmohan Singh kündigte eine konsequente Reaktion auf die Anschläge an. Zur Terrorabwehr werde der Staat zu den härtest möglichen Mitteln greifen, sagte er am Donnerstag in einer Ansprache an die Nation.

Die Anschläge seien sorgfältig geplant und darauf angelegt gewesen, in der Bevölkerung Panik auszulösen. Die verantwortliche Terrorgrupe habe ihre Basis im Ausland. Singh warnte die Nachbarländer, man werde nicht dulden, wenn von ihrem Territorium aus Anschläge auf Indien verübt würden.

Reaktionen aus der ganzen Welt

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte die Anschläge. Nichts könne wahllose Angriffe auf Zivilisten rechtfertigen. Auch der gewählte US-Präsident Barack Obama verurteilte die Terrorserie auf das Schärfste. Er sei "in Gedanken und in seinen Gebeten bei den Opfern", sagte ein Sprecher Obamas. Die koordinierten Anschläge auf unschuldige Zivilisten zeigten, wie ernst die Bedrohung durch den Terrorismus sei.

Die US-Regierung hat Medienberichten zufolge angeboten, der indischen Regierung mit Geheimdienstinformationen und Spezialagenten zu helfen. Die britische Polizei schickt Experten, um bei der Untersuchung der Anschläge zu helfen.

Auch die EU versicherte Indien ihre Solidarität. Die französische EU-Ratspräsidentschaft verurteilte die Attacken und sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus. Man wisse um "die Verbundenheit des indischen Volkes mit der Demokratie, gegen die sich diese Terrorhandlungen wenden". Deshalb stehe die EU "in dieser dramatischen Prüfung an der Seite der indischen Nation".

Indien ist in den vergangenen Monaten bereits wiederholt von Anschlägen erschüttert worden.

Schauplätze der Anschläge in Mumbai

(c) Die Presse / HR

(Ag./Red.)

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